Rekrutenmahlzeit: Wie sah die Verpflegung russischer Soldaten zur Zarenzeit aus?

gemeinfrei; George Muse/russiainphoto.ru
Was stand auf der Speisekarte eines russischen Soldaten des 18./19. Jahrhunderts und wie wirkte sich die Ernährung auf die Leistung der russischen Armee aus?

Getreidemischungen für die Armee 

Vor Peter dem Großen hatte sich niemand wirklich Gedanken über eine ausgewogene Ernährung der russischen Armee gemacht. Die Soldaten mussten während der Feldzüge selbst für ihr Essen sorgen. Armeeangehörige erhielten Land, das sie durch Unterstützung durch Leibeigene bestellen konnten.

Während der Feldzüge musste das russische Militär in der Zeit vor Peter bei den Händlern in den Wagenzügen, die der Armee folgten, Lebensmittel kaufen oder selber jagen und fischen gehen. 

Die Ernährung eines russischen Kriegers dieser Zeit war einfach: Roggenbrot, Sauerkraut, Zwiebeln und Knoblauch. Das galt als nahrhaft und sollte das Immunsystem stärken. Zudem wurde Getreidebrei gegessen. Hirse, Haferflocken oder Perlgerste waren leicht zu transportieren und schnell gekocht und somit ein fester Bestandteil des Speiseplanes eines einfachen Mannes.  

Unterwegs aßen die Soldaten auch gerne Kama, geröstetes Hafermehl. Es musste nicht gekocht werden. In den Zeltlagern wurde Kama mit heißem Wasser aufgegossen und schon hatte man eine nahrhafte Beilage zu Fisch oder Schmalz.  

Doch alle Zutaten wurden nicht etwa von der Armeeführung bereitgestellt, jeder musste sehen, wie er sich selbst versorgte. 

Peter der Große führt Fleisch ein 

1700 schuf Zar Peter erstmals einen speziellen Armeeposten, den Generalproviantmeister, der für die Lebensmittelversorgung verantwortlich war. Jetzt bestand die Essensration jedes Soldaten aus zwei Teilen: seiner eigenen Nahrung und Futter für sein Pferd. Während ausländischer Feldzüge gab es nur Tierfutter, denn man ging ganz selbstverständlich davon aus, dass sich die Soldaten Lebensmittel bei Plünderungen des eroberten Gebietes beschaffen würden, wie es im 18. Jahrhundert üblich war.  

Zu Hause betrug die tägliche Nahrungsmittelration eines Soldaten 820 Gramm Roggenbrot, 410 Gramm Rindfleisch, 250 Milligramm Wodka, 3,27 Liter Bier! Außerdem erhielt ein Soldat jeden Monat fast sechs Kilogramm Getreide sowie 820 Gramm Salz. Je höher der Rang des Militärs war, desto mehr Nahrung wurde ihm zugeteilt.

Die Kommandeure der Kompanie erhielten einen festen Geldbetrag pro Mann, der für den Kauf von Lebensmitteln vorgesehen war. Ab dem Jahr 1720 wurden feste Beträge eingeführt, etwa 75 Kopeken pro Tag für Salz und 72 Kopeken für Fleisch. Das Essensgeld wurde mit dem Sold ausbezahlt. Den Einkauf und die Zubereitung der Speisen übernahmen Feldköche, die die Einheiten selbst auswählten. Die Köche versorgten jeweils 100 bis 250 Soldaten und marschierten mit einem eigenen Zug voran. So hatten sie Zeit genug, bis zur Ankunft der Soldaten die Küchenutensilien aufzubauen und das Essen vorzubereiten.  

Peters Soldaten bekamen nun also auch Fleisch. Aber es fehlten noch immer Fette, Fisch und Gemüse. Es gab weiterhin den immer gleichen Kohl, Rüben und Knoblauch. Zur religiösen Fastenzeit, die zur damaligen Zeit an 200 Tagen im Jahr galt, wurde Fleisch durch Fisch ersetzt.  

Hungrige Soldaten 

Unter Peter dem Großen enthielt der Speiseplan eines Soldaten nur etwa 3.100 Kilokalorien, während der tägliche Energiebedarf eines Mannes im Alter von 18 bis 40 Jahren, der schwere körperliche Arbeit verrichtet, 4.200 bis 4.500 Kilokalorien beträgt. Doch während des 18. Jahrhunderts änderte sich daran wenig. 

Nach den Napoleonischen Kriegen wurde die Ernährungssituation in der russischen Armee noch schlechter. Fleisch wurde wieder zur Seltenheit. Stattdessen erhielten die Soldaten Suppen (Kohlsuppe, Erbsensuppe, Haferflockensuppe usw.) und Getreidebreie. Skorbut, eine Krankheit, die durch Vitamin C-Mangel verursacht wird, breitete sich unter dem Militärpersonal aus.

Die schlechte Ernährung beeinträchtigte die Leistung der Armee negativ. Im Krimkrieg erwies sich das Problem als besonders gravierend. Es gab nicht genügend Versorgungszüge und Lebensmittel für die russische Armee. Während der gesamten Krimoffensive waren weder Obst noch Gemüse verfügbar und die lokalen Ressourcen waren schnell aufgebraucht. Die schlechte Ernährung war einer der Hauptgründe für die Niederlage Russlands im Krimkrieg.

Um die Korruption im Versorgungssystem der Armee zu bekämpfen, orientierte sich die Militärführung wieder an Zeiten Alexanders II. Die Soldaten erhielten ein Lebensmittelpaket mit täglich 913 Gramm Mehl und 120 bis 130 Gramm Getreide. Nicht viel - aber Mitte des 19. Jahrhunderts bekamen deutsche oder französische Soldaten nur 750 Gramm Brot am Tag. 

Fleisch, Fett, Gemüse und Öle waren nicht in diesem Lebensmittelpaket enthalten. Die Soldaten erhielten zu ihrem Sold noch etwas mehr Geld, um solche zusätzlichen Produkte in den Versorgungswagen kaufen zu können.  Frisches Gemüse blieb jedoch weiterhin Mangelware - stattdessen standen Erbsen und Kohl häufig auf dem Speiseplan eines Soldaten.

Nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877 bis 1878, in dem viele Soldaten während der Winteroffensiven Erfrierungen erlitten und sich schwere Erkältungen zugezogen hatten, gab es für jeden Soldaten wieder 145 Gramm Wodka am Tag. Mit dem zunehmenden Teekonsum im Land wurde auch dieser in das Soldatenmenü aufgenommen. 1905 hatten Soldaten Anspruch auf 737 Gramm Tee pro Jahr. Englische Soldaten erhielten jährlich 2,5 kg Tee. 

Ende des 19. Jahrhunderts wurde gedünstetes Schmorfleisch für russische Soldaten üblich. Die Dosen sollten mit einem Messer oder einem Bajonett geöffnet, am offenen Feuer aufgewärmt und der Eintopf direkt aus der Dose gegessen werden.

Zu Beginn des russisch-japanischen Krieges (1904-1905) waren alle russischen Armeeregimenter mit Feldküchen ausgestattet, die das Kochen auch während der Märsche ermöglichten. Nur in einigen Armeeeinheiten wurde noch über dem Lagerfeuer gekocht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Nahrungsmittelversorgung der russischen Armee gleichwertig mit der in den europäischen Armeen.

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