Lange Geschichte: Wie Russland seine Ölvorkommen entdeckte

gemeinfrei; Russia Beyond
Öl ist heute der größte Exportartikel Russlands. Früher wurde es in der Kunst, der Medizin und bei der Kriegsführung genutzt. Doch die erste russische Ölförderanlage stand unter einem schlechten Stern.

Flüssiges Feuer 

Als Fürst Igor, Rjuriks Sohn, 941 Konstantinopel mit einer Flotte angriff, revanchierten sich die byzantinischen Schiffe mit griechischem Feuer - einer brennbaren Flüssigkeit, die in Gefäßen auf die feindlichen Schiffe katapultiert wurde.

„Griechisches Feuer“ war eine tödliche Bedrohung für die sich nur langsam fortbewegenden, schwerfälligen Schiffe. Es wird angenommen, dass Öl der Hauptbestandteil war und es hauptsächlich vom Byzantinischen Reich in den Ländern gewonnen wurde, die heute Teil Russlands sind – die Krim und die antike Stadt Tmutarakan (Taman) in der heutigen Region Krasnodar.

Öl in diesen Gebieten konnte aus dem Asowschen Meer oder aus Öl- und Teersand gewonnen werden. Das Öl wurde schon damals gelagert. Archäologen haben an den nördlichen Ufern des Asowschen Meeres Tonamphoren gefunden.

Vielfältige Verwendung von Steinöl im alten Russland 

Öl - in Russland „Steinöl“ genannt - wurde traditionell in der Malerei und in der Medizin verwendet.

In einem russischen Handbuch für Ikonenmaler des 17. Jahrhunderts heißt es: „Verwenden Sie beim Zusammensetzen von Farben Wachs, Lack und Öl, damit diese schneller trocknen. Und wenn Sie etwas lackieren und es wird zu dick, nehmen Sie ein wenig Öl und verreiben Sie es mit den Fingern über dem Lack.“

Öl wurde als Lösungsmittel verwendet und hinterließ beim Trocknen einen charakteristischen Glanz, so dass es für die Ikonenmalerei unerlässlich war.

Die medizinische Verwendung von Öl umfasste die Anwendung bei Hautkrankheiten und rheumatischen Erkrankungen. Im Jahr 2021 ist die Wirksamkeit von Öl für diese Zwecke wissenschaftlich belegt.

Öl als brennbares Material wurde nicht nur für militärische Zwecke verwendet, sondern zu ganz besonderen Anlässen - für „unauslöschliche“ Fackeln oder Feuerwerke - sowohl für höfische Zeremonien als auch für sonstige Feierlichkeiten. Bei der Kriegsführung wurde Öl zur Herstellung von Granaten, „Feuerpfeilen“ und „Feuerkugeln“ verwendet, die die russische Armee im 16./17. Jahrhundert nutzte. 

Im Jahr 1650 wurde berichtet, dass Menschen, die in der Nähe des Baikalsees lebten, Öl von dessen Oberfläche sammelten - es sickerte von den felsigen Ufern der Flüsse in den See und wurde vom Wind ans Ufer getrieben. Dieses Öl wurde gelegentlich nach Moskau gebracht. 

Die erste russische Ölquelle 

Während Zar Peter der Erste 1697 bis 1698 auf Großer Gesandtschaft in Europa weilte, traf er Nicolaes Witsen, Bürgermeister von Amsterdam. Witsen führte Peter auf seinen Reisen durch die Niederlande, sie blieben anschließend Brieffreunde. Witsen hatte ein Buch über eine Reise nach Russland in den Jahren 1664/1665 geschrieben, in dem er erwähnte, dass irgendwo am Fluss Uchta in der Nähe der nordrussischen Stadt Petschora eine Ölquelle liegen müsse. 

Fluss Uchta

1721 wurde dieser Ort entdeckt und Proben des Uchta-Öls nach St. Petersburg geschickt. Erst 1745 beschloss der russische Kaufmann Fjodor Prjadunow, dort die erste Ölraffinerieanlage zu eröffnen. Er präsentierte das gefundene Öl dem Berg-Kollegium in Moskau, einer staatlichen Einrichtung zur Kontrolle der Bodenschätze in Russland. Das Berg-Kollegium erteilte die Erlaubnis, mit der Ölförderung und -produktion zu beginnen.

Die erste russische Ölförderanlage war nur ein Blockhaus am Flussbett in der Nähe der unterirdischen Ölquelle, in dem mithilfe eines umgekehrten Kegels Öl vom Wasser getrennt wurde. Das Öl wurde auch weiterhin noch von der Wasseroberfläche abgeschöpft.

Bis 1748 hatte Prjadunow etwa 650 Liter Öl gesammelt und zum Destillieren in das Berg-Kollegium gebracht. Die Ergebnisse waren beeindruckend, aber das Problem war, dass damals in Russland niemand wirklich destilliertes Öl brauchte. Tatsächlich destillierte Prjadunow Kerosin aus Öl, aber Petroleumlampen waren noch nicht erfunden, so dass er keine Abnehmer fand. 

Fjodor Prjadunow

Verzweifelt schickte Prjadunow Ölproben zur chemischen Untersuchung nach Hamburg und erhielt im Gegenzug ein von zwei deutschen Chemikern unterzeichnetes Dokument, wonach das Öl wahrscheinlich für medizinische Zwecke verwendet werden könnte - um Patienten „bei Erkältung und Auswurf, bei Luxationen der Gelenke, bei Fieber“ zu helfen sowie „bei Schüttelfrost, zur Gelenkentspannung usw. “

Prjadunow begann, sein Öl in Moskau als Heilmittel zu verkaufen - illegal, ohne Erlaubnis der Behörden. Dafür wurde er verhaftet. Nach seiner Freilassung konnte er nicht an alte Erfolge anknüpfen und starb hoch verschuldet. Seine Ölförderanlage wurde bei einem Hochwasser zerstört und die Ölförderung in Russland wurde erst im 19. Jahrhundert wieder aufgenommen, als im Kaukasus riesige Ölvorkommen entdeckt und die Petroleumlampe erfunden wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

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