In den frühen 1980er Jahren erschütterte eine Welle brutaler Morde die Stadt Rostow am Don. Jemand ermordete gezielt Menschen, die durch Schwarzmarktaktivitäten zu Reichtum gekommen waren. Die Polizei leitete eine Untersuchung ein.
Am 5. Februar 1980 erhielt die sowjetische Polizei den Anruf einer völlig verängstigten Frau. Die Ermittler fuhren zur angegebenen Adresse und entdeckten am Tatort zwei weibliche Leichen. Die Anruferin fanden sie auf dem Balkon, wo sie sich versteckt hatte.
Das eine Opfer war eine stadtbekannte Schieberin in Rostow am Don. So bezeichnete man Personen, die illegale Geschäfte machten. Die Frau war so zu beträchtlichem Wohlstand gekommen. Sie war mit einem Küchenbeil zerhackt worden.
Illegale unternehmerische Tätigkeit in der UdSSR.
Wladimir Kasantsew/TASSDas andere Opfer - die schwangere Tochter der Schieberin - wurde erwürgt.
Die überlebende Frau, die ihrem Tod nur entging, weil sie sich auf dem Balkon versteckte, während ihre Freundinnen gefoltert und getötet wurden, verständigte die Polizei. Zu den Angreifern konnte sie jedoch kaum Angaben machen.
Rostow am Don, 1988.
A. Pogotowa/SputnikDie Schlösser in der Wohnung waren intakt, was die Ermittler zu der Annahme veranlasste, dass die Opfer die Mörder kannten und sie freiwillig in die Wohnung ließen.
Nur wenige Wochen nach der Untersuchung fand ein weiterer Mord statt. Das Opfer, wieder eine Frau, war ebenfalls brutal getötet worden. Eine Verbindung zum vorherigen Fall ergab sich daraus, dass die Ermordete die Ehefrau eines lokalen Schiebers war.
Die Todesfälle häuften sich und die Polizei sah sich dem Druck der höchsten politischen Führungsebene ausgesetzt, die forderte, dem Blutvergießen in Rostow ein schnelles Ende zu bereiten.
Einer der wenigen Zeugen beschrieb die Angreifer als Männer, die anscheinend aus dem sowjetischen Kaukasus stammten und weiße Kittel trugen. Die verunsicherten Stadtbewohner gaben ihnen den Namen „Sanitäter-Bande“.
Während die Ermittler der Polizei die Unterwelt der Stadt auf den Kopf stellten, plante der aus Abchasien stammende Zafas Bartsis bereits sein nächstes Verbrechen mit seinem Partner Chocheres Kosiyan.
Zafas Bartsis (v.l) und Khocheres Kosiyan (v.r).
Archive photoZafas Bartsis, Sohn des Direktors des Zentralmarktes in Suchumi, wurde mit einem goldenen Löffel im Mund geboren. Obwohl er aus einer wohlhabenden und in Abchasien einflussreichen Familie stammte, schlug er den Lebensweg eines Kriminellen ein. Bartsis wurde drogenabhängig.
Als Bartsis‘ Vater von den Lastern seines Sohnes erfuhr, schickte er ihn nach Rostow am Don, einer ziemlich weit entfernten Stadt, wo er den guten Ruf der Familie nicht beschädigen konnte.
Bartsis zog nach Rostow und wurde schnell Teil der kriminellen Szene der Stadt. Er traf Chocheres Kosiyan, einen kriminellen Anführer.
Darüber hinaus fand Bartsis schnell eine neue Drogenquelle: zwei Medizinstudenten, die mit verbotenen Substanzen handelten.
Bartsis brauchte Geld, um seine Sucht zu finanzieren, viel Geld. Zusammen mit Kosiyan entwickelte Bartsis einen Plan. Sie würden wohlhabende Personen in Rostow überfallen, die die Überfälle nicht der Polizei melden würden, aus Sorge, ihre eigenen kriminellen Machenschaften kämen dadurch ans Licht.
Die Kriminellen würden Häuser jener wohlhabenden Personen in Rostow überfallen, die nicht bereit wären, die Überfälle der sowjetischen Polizei zu melden, weil sie Angst hätten, Quellen ihres illegalen Einkommens preiszugeben.
Igor Nosow/SputnikBartsis besorgte bei seinen Dealern, den Medizinstudenten, weiße Kittel. Die ausgewählten Opfer sollten denken, vor ihrer Tür stünden Sanitäter.
Der Plan schlug jedoch fehl, da die Bande vor allem aus Drogenabhängigen bestand, die sich nicht unter Kontrolle hatten. Die Überfälle liefen aus dem Ruder und die Bande hinterließ eine Blutspur.
Mit ihrer Vermutung, dass nicht alle ihrer Opfer die Überfälle melden würden, hatten sie Recht. Einige der Überlebenden verweigerten die Zusammenarbeit mit der Polizei. Jedoch beachteten die Täter nicht, dass auch ihre Opfer Kriminelle waren und machten einen dummen Fehler.
Eine Polizeieinheit bereitet sich 1980 auf eine Schicht in Rostow vor.
Jewgeni Nederja/TASSEinige der Schieber führten Kundenlisten. Ein Name auf dieser Liste führte die Ermittler auf die Spur eines „Zafas“. Zafas Bartsis hatte einmal illegal einen Ledermantel bei einem seiner späteren Opfer erworben.
Die Ermittler beobachteten Bartsis und entdeckten seine Verbindungen zu den Medizinstudenten, die Drogen verkauften, und dem gesuchten Kriminellen Kosiyan. Alle Verdächtigten wurden kurze Zeit später verhaftet.
Insgesamt wurden Berichten zufolge rund 40 Personen im Zusammenhang mit den „Weißkittel-Mördern“ festgenommen. Bartsis wurde zu neun Jahren Gefängnis verurteilt, Kosiyan zu 15 Jahren.
Chocheres Kosiyan starb 1993 im Alter von 68 Jahren in Haft. Das Schicksal von Zafas Bartsis ist unbekannt.
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