1. Wladimir Lenin – Petrograd (St. Petersburg) und viele andere Städte
Der Revolutionsführer Wladimir Lenin lehnte die Schaffung eines Personenkults um seine Person ab. Trotz aller Warnungen seiner Frau Nadjeschda Krupskaja wurde nach seinem Tod im Jahr 1924 die ehemalige Hauptstadt des Russischen Reiches, Petrograd, zu seinen Ehren in Leningrad umbenannt.
Petrograd war zweifellos die „kaiserlichste“ Stadt. Ihr Name bedeutet wörtlich Peters Stadt. Es überrascht deshalb nicht, dass Leningrad wörtlich aus dem Russischen übersetzt Lenins Stadt bedeutet. (Anmerkung: 1914 wurde die Stadt aufgrund der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten antideutschen Stimmung offiziell umbenannt – zuvor hieß sie St. Petersburg).
1991 erhielt die Stadt ihren historischen Namen St. Petersburg zurück. Die Bürger des Umlands stimmten jedoch gegen eine Umbenennung ihrer Region, um eine Änderung ihrer staatlichen Dokumente zu vermeiden. Daher heißt das Gebiet um St. Petersburg immer noch Oblast Leningrader.
Neben Leningrad erhielten mehr als 50 Kleinstädte und Dörfer in der gesamten Sowjetunion Abwandlungen des Namens des Revolutionsführers: Leninsk, Lenino, Iljitsch (nach Lenins Vatersnamen), Leninogorsk und viele andere.
Außerdem wurde die Stadt Simbirsk, in der Lenin geboren wurde, in Uljanowsk umbenannt (Uljanow ist Lenins bürgerlicher Nachname), und noch heute trägt die Stadt diesen Namen.
2. Josef Stalin – Wolgograd und andere Städte
Im Jahr 1924 startete Josef Stalin eine groß angelegte Kampagne zur Umbenennung von Städten, deren Titel an die Zarenzeit erinnerten. Angeblich „auf Wunsch der einfachen Leute“ wurden viele größere und kleinere Städte in der gesamten Sowjetunion noch zu Stalins Lebzeiten nach ihm umbenannt.
Die berühmteste Stadt, die nach Stalin benannt wurde, war sicherlich Zarizyn (wörtlich Stadt der Zarin). 1925 wurde sie in Stalingrad umbenannt. Unter diesem Namen wurde sie für eine der größten und blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs weltweit bekannt. Nach 1961, als der Personenkult um Stalin angeprangert wurde, bekam auch diese Stadt, wie viele andere, einen anderen Namen. Seitdem heißt sie Wolgograd.
Von den 1930er Jahren bis 1961 hieß die sibirische Stadt Nowokusnezk in der Oblast Kemerowo Stalinsk, Nowomoskowsk in der Region Tula Stalinogorsk und Duschanbe, die Hauptstadt der Tadschikischen Sowjetrepublik, Stalinabad. 1924 wurde das heutige Donezk, das sich auf dem Gebiet der Sowjetukraine befand, erst in Stalin und dann in Stalino umbenannt. Ursprünglich hieß die Stadt Jusowka, nach ihrem Gründer, dem walisischen Geschäftsmann John Hughes, der dort während der Zarenzeit Metallwerke aufgebaut hatte.
3. Sergej Kirow – Wjatka und andere Städte
Sergej Kirow, einer der engsten Freunde und Weggefährten Stalins, gehörte ursprünglich zur Elite der Kommunistischen Partei und zu den Spitzenfunktionären des Landes. Er war sowohl in der Partei als auch in der Bevölkerung sehr beliebt. Im Jahr 1934 wurde Kirow vor seinem Büro in Leningrad erschossen. Auf seine Ermordung folgte eine Welle von Repressionen und Exekutionen gegen jeden, der in Verdacht geriet, und sie markierte den Beginn des Großen Terrors in der UdSSR. Von 1934 bis heute trägt die alte russische Stadt Wjatka den Namen Kirow, weil der ermordete bolschewistische Funktionär in einer kleinen Stadt in der Nähe geboren wurde.
Die aserbaidschanische Stadt Ganja hieß während des Russischen Reiches Jelisawetpol, aber von 1935 bis 1989 trug sie den Namen Kirowabad.
4. Michail Kalinin – Kaliningrad und andere Städte
Viele Jahre lang gehörte Michail Kalinin zu den Spitzenbeamten der Sowjetunion. Er war Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets, des Zentralen Exekutivkomitees der UdSSR und Oberhaupt der RSFSR (so wurde Russland als föderaler Bestandteil der Sowjetunion bezeichnet). Als Bolschewik der ersten Stunde war Kalinin in der ganzen Nation bekannt und beliebt.
Im Jahr 1946 wurde die ehemalige ostpreußische Stadt Königsberg, die nach dem Zweiten Weltkrieg Teil der Sowjetunion wurde, zu Ehren des kurz zuvor verstorbenen Kalinin in Kaliningrad umbenannt. Diesen Namen trägt die Stadt auch heute noch.
Bereits zu seinen Lebzeiten wurden zwei Städte nach Kalinin benannt. Es gab noch ein Kaliningrad in der Oblast Moskau – die Stadt, in der sich das Raumfahrtzentrum befindet und die heute als Koroljow bekannt ist, trug diesen Namen von 1938 bis 1996. Auch die mittelalterliche russische Stadt Twer hieß von 1931 bis 1990 Kalinin, weil der Parteiveteran in der Oblast Twer geboren wurde.
5. Jakow Swerdlow – Jekaterinburg
Der altgediente Revolutionär und Bolschewik Jakow Swerdlow stammte nicht aus Jekaterinburg – er wurde in Nischnij Nowgorod geboren. Sein Bruder, Sinowij Swerdlow-Peschkow, war der Patensohn von Maxim Gorki und später ein französischer Legionär und Freund von Charles de Gaulle. Jakow Swerdlow lebte jedoch in Jekaterinburg und begann dort in den frühen 1900er Jahren seine illegalen bolschewistischen revolutionären Aktivitäten und verbrachte dann einige Zeit in einem Jekaterinburger Gefängnis. Im Jahr 1919 starb Swerdlow während der Grippepandemie.
Jekaterinburg war von Peter dem Großen gegründet und nach dessen Frau Katharina I. benannt worden, so dass die Stadt in den Augen der Bolschewiki sicherlich eine Namensänderung benötigte. Im Jahr 1924 beschloss der Stadtrat, die Stadt nach Swerdlow zu benennen. 1991 wurde die Stadt wieder in Jekaterinburg umbenannt, aber das Gebiet außerhalb der Stadt heißt weiterhin Oblast Swerdlowsk.