11 Bilder des „russischen Stephen King“: Psycho-Thriller vor 100 Jahren

Andrejew arbeitete mit dem analogen und farbigen Lumière-Fotografie-Prozess, der im frühen 20. Jahrhundert in Europa populär war.

Andrejew arbeitete mit dem analogen und farbigen Lumière-Fotografie-Prozess, der im frühen 20. Jahrhundert in Europa populär war.

Archivbild
Leonid Andrejew (1871 – 1919) war ein sehr begabter Amateurfotograf. Seine Bilder aus dem frühen 20. Jahrhundert zeigen einzigartig dunkle und mysteriöse Welten – und das im Russland der Jahrhundertwende und Vorrevolutionszeit.

Ein kaltblütiger Priester versucht, mit seiner Tochter, die Selbstmord begangen hat, oder mit seiner gelähmten Frau zu sprechen. Dabei verliert er den Verstand. Denn sie mussten ja schweigen.

Ein junges Paar wird bei einem Spaziergang angegriffen. Nachdem die Landstreicher das Mädchen vergewaltigt haben, tut ihr Begleiter dasselbe.

Das ist die Welt von Leonid Andrejews Kurzgeschichten und Fotografien.

Andrejews zweite Frau Anna in Marseille 1910

"Er konzentrierte sich auf die furchtbare, schreckliche Seite des Lebens ", erklärt der russische Publizist und zeitgenössische Autor Dmitrij Bykow in einem Vortrag. Bykow nennt Andrejew "den russischen Stephen King". Denn er wusste schon vor 100 Jahren, wie man die Menschen mit ihren dunklen Seiten erschrecken kann.

Daniil, Andrejews zweiter Sohn, 1912. Alexandra, Andrejews erste Frau, starb nach der Entbindung an einem Fieber. Zwischen Vater und Sohn entwickelte sich ein schwieriges Verhältnis. Daniil wurde Schriftsteller und Philosoph.

Außerhalb seiner Werke war Andrejew natürlich ein ganz liebenswürdiger Mensch, der seine Familie und die Natur liebte . In seinem Tagebuch schrieb er:

"Wie Luft, oder Essen oder Schlaf – Liebe ist notwendig für meine Existenz als menschliches Wesen."

Andrejew  genoss das ländliche Leben und verbrachte viel Zeit auf dem Land.

Der Schriftsteller war in seiner Jugend Künstler und wusste, wie man mit der Kamera arbeitet.

Andrejew war ein Familienmensch.  Die Liebe ist in seinen Werken omnipräsent, dabei jedoch oft mit Tod und Angst verbunden.

Leonid Andrejew selbst – vielleicht mit einer weiteren schrecklichen Geschichte
Andrejew (rasiert), Freund Philipp Dobrow und Daniil 1912 in ihrem Landhaus in Vammelsuu (heute Stadtteil Serowo von Sankt Petersburg)
Der Schriftsteller liebte auch die Philosophie. Einmal sprachen er, Maxim Gorki und ein Freund von ihm 19 Stunden lang über Gott und die Welt. Dabei tranken sie drei Samowars Tee.
Andrejew lehnte die bolschewistische Revolution von 1917 ab und verließ Russland – aber nicht weit: Er ließ sich in Finnland nieder, ganz in der Nähe von Sankt Petersburg.
Andrejew mit seinem dritten Sohn Sawwa. Er hatte insgesamt fünf Kinder.
Andrejew starb 1919 im Alter von 48 Jahren an einer Herzerkrankung.
Zunächst in Finnland begraben, wurde er in den fünfziger Jahren nach Sankt Petersburg umgebettet – vielleicht fand sein Herz, sonst immer voller Angst, ja nun endlich Frieden.

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