- Iwan Bunin
„Wahrscheinlich hat jeder von uns eine besonders teure Erinnerung an die Liebe oder eine besonders schmerzliche Liebessünde“, meinte der Nobelpreisträger Iwan Bunin. Um diese Erinnerungen der Nachwelt zu hinterlassen, teilte Bunin sie mit seinen Lesern. Seine charakteristische Sammlung von Kurzgeschichten mit dem Titel Dunkle Alleen ist wahrscheinlich die reichhaltigste Schilderung romantischer Beziehungen und körperlicher Liebe in der Geschichte der klassischen russischen Literatur.
In Dunkle Alleen hat Bunin Lust, Vergnügen und Leidenschaft auf eine neue Stufe gehoben. Allerdings werden Sie in den Geschichten, die in den 1943 veröffentlicht wurden, keine schmutzigen Sexszenen oder Darstellungen eines vollzogenen Geschlechtsaktes finden. Bunin interessierte sich vor allem für das, was „vor und nach“ dem Sex passiert.
„Er küsste sanft ihre heiße Wange – sie erwiderte den Kuss nicht und er glaubte, dass sie ihm stillschweigend ihre Zustimmung zu allem gab, was folgen könnte. Er spreizte ihre Beine, ihre zarte, heiße Wärme – sie seufzte nur im Schlaf, streckte sich kraftlos und warf ihre Hand hinter ihren Kopf...“
>>> 5 Fakten über Iwan Bunin, den ersten russischen Literaturnobelpreisträger
- Nikolai Karamsin
Karamsin schrieb Die arme Lisa 1792, kurz nachdem er von einer langen Auslandsreise zurückgekehrt war. Er war seiner Zeit in Sachen menschliche Gefühle weit voraus und würzte die ernste russische Literatur mit einer gesunden Portion Sentimentalität. Karamsin war der erste, der zeigte, dass menschliche Schwächen und Leidenschaften das Mitgefühl und die Unterstützung der Leser verdienen. Dies gilt umso mehr, wenn junge Frauen in eine Liebesfalle geraten.
Ein wohlhabender Adliger verführt das 17-jährige Bauernmädchen Lisa:
Erast fühlte eine außergewöhnliche Erregung in seinem Blut – nie schien Lisa ihm so charmant, nie berührten ihn ihre Liebkosungen so sehr, nie waren ihre Küsse so feurig. Sie wusste nichts, vermutete nichts, hatte Angst vor irgendetwas. Die Dunkelheit des Abends nährte Wünsche – kein einziger Stern leuchtete am Himmel, kein Strahl konnte die Täuschung erhellen .
Die heimliche Liebesbeziehung währt nicht lange. Der Mann heiratet eine reiche Frau, um seine Schulden zu begleichen, während Lisa nichts anderes tun kann, als zu trauern, und schließlich in einen tiefen Teich läuft und sich ertränkt.
- Alexander Puschkin
Puschkin hatte keinen Seinesgleichen, wenn es um stilistische Vielfalt, Polygamie und Witz ging. Dem führenden Kopf der russischen Dichtung waren amouröse Taten nicht fremd und seine Liebesaffären und Fantasien spiegelten sich oft in seinen brillanten Gedichten wider.
In Ruslan und Ljudmila übernachtet Ratmir, einer der Rivalen der Hauptfigur, in einem von schönen Mädchen bewohnten Schloss. Er amüsiert sich offensichtlich gut.
Die Maid steht vor ihm schweigend,
Steht Regungslos und ohne Atem,
Wie eine heuchelnde Diana
vor ihm, dem lieben Hirten;
Und hier ist sie, auf dem Bett des Khans,
Sich stützend auf ihr Knie,
Neigt seufzend das Gesicht ihm zu
Mit Sehnsucht, mit lebhaften Zittern,
Und unterbricht den Schlaf des Frohen
Mit Kosen voll Begehr, doch stumm…
Frauen waren Teil von Puschkins lebenslanger Odyssee. Der größte Dichter Russlands ließ die Bescheidenheit hinter sich, wenn es um amouröse Abenteuer ging.
Einer nahm meine Aglaia
Dank Uniform und schwarzem Bart,
Ein and'rer für Geld - das versteh' ich,
Ein weit'rer, weil er war Franzos',
Cleons Geist nahm ihr den Schneid,
An Damis liebte sie das Singen.
Sag es mir jetzt, mon cher Aglaia,
Was du an deinem Mann geliebt?
>>> Puschkins Musen: Diese Frauen inspirierten den Poeten
- Andrej Platonow
Joseph Brodsky bezeichnete Platonow einmal als eine der wichtigsten Figuren der Literatur des 20. Jahrhunderts und stellte ihn in eine Reihe mit Proust, Kafka und Beckett.
In seinen detailreichen Büchern beschrieb Platonow den utopischen sowjetischen Plan zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft und legte die bürokratischen Katastrophen der sowjetischen Ideologie in aller Deutlichkeit offen. Und während das Thema Sex während der Herrschaft Stalins aus der offiziellen sowjetischen Literatur getilgt wurde, wagte Platonow, der stets gegen den Strom schwamm, den großen Wurf und baute einige intime Szenen in seine 1937 geschriebene Erzählung Der Fluss Potudan ein.
Nikita umarmte Ljuba mit jener Kraft, mit der man versucht, einen anderen, geliebten Menschen in seiner bedürftigen Seele aufzunehmen; aber er kam bald zur Besinnung und schämte sich.
„Tut es weh?“, fragte Nikita.
„Nein! Ich fühle nichts“, antwortete Ljuba.
Er begehrte sie vollkommen, um sie zu trösten, und eine grausame, mitleidige Kraft überkam ihn. Doch Nikita erfuhr durch die innige Liebe zu Ljuba keine höhere Freude, als er sie sonst gekannt hatte – er spürte nur, dass sein Herz „jetzt seinen ganzen Körper beherrscht und sein Blut mit einer armen, aber notwendigen Freude teilt...“
Platonow wurde nicht umsonst als Meister des „sozialistischen Realismus“ bezeichnet.
>>> Andrei Platonow: Der ambivalenteste sowjetische Schriftsteller
- Michail Scholochow
1965 erhielt der bekannte sowjetische Schriftsteller Michail Scholochow den Nobelpreis für Literatur für seinen epischen Roman Der stille Don, der als eines der wichtigsten Werke der russischen Literatur des 20. Jahrhunderts gilt. Das historische Drama über das Leben der Donkosaken während des Ersten Weltkriegs und des Russischen Bürgerkriegs ist voll von Schmerz, Blut, Liebe und Lust.
>>> Was Sie über Michail Scholochow wissen sollten
Aksinia... Grigorijs Herz klopfte wie wild; er trat vor, schlug den Schoß seines Mantels zurück und umarmte die Gehorsame, die vor Hitze glühte. Ihre Beine schwankten, sie zitterte, bebte, klapperte mit den Zähnen. Grigorij warf sie auf die Arme – so wirft ein Wolf ein geschlachtetes Schaf auf den Rücken. Er verhedderte sich in den Schößen seines weit geöffneten Mantels und legte atemlos los.
„Oh, Grischa, Grischenka... Vater...“
„Schweig!“
Aksinia befreite sich, atmete in dem Mantel den sauren Geruch der Schafwolle und erstickte an der Bitterkeit der Reue. Sie schrie fast mit tiefer, stöhnender Stimme:
„Lass mich los... Ich werde selbst gehen!“