1 Sensibilität und Freundlichkeit
Bei Tysons jüngster Reise nach Russland Ende Februar, die von einem lokalen Industrieunternehmen organisiert wurde, besuchte der ehemalige professionelle Boxer die Region Ural. Er hatte ein straffes und manchmal doch überraschendes Programm, bei dem er beispielsweise einen Kindergarten besuchte, wo er mit den Kindern Fotos machte (rus), nahm an einer Zeremonie teil, die den Beginn des Baus eines neuen Sportzentrums markierte, erprobte Virtual-Reality-Ausrüstung im Ring und hielt eine Meisterklasse im Boxen für junge Menschen ab.
Während des Programms teilte er seine Ansichten über Russland und die Einwohner und wie sie in den Vereinigten Staaten wahrgenommen werden. „In Amerika haben die Russen nicht den Ruf, sensibel zu sein. Aber seit ich durch ganz Russland gereist bin, habe ich erkannt, dass die Menschen sehr sensibel und freundlich sind. Aber die meisten Amerikaner haben bisher keine Erfahrung damit gemacht“, sagte (eng) Tyson.
Anfang letzten Jahres vervollständigte er die Beschreibung des sensiblen Wesens der russischen Mentalität mit einer Warnung: Man sollte sehr vorsichtig sein, ihre Gefühle nicht zu verletzen, sonst würden sie ihre Beherrschung verlieren (rus).
2 Sein Favorit, Iwan der Schreckliche
Der Boxer erinnerte seine Gastgeber daran, dass er auch die russische Geschichte liebt. In der Stadt Jekaterinburg besuchte er das historische Museum „Russland - Meine Geschichte“, wo er eine persönliche Tour bekam. Laut lokalen Medien stellte er Fragen über den sowjetischen Staatschef Josef Stalin, den er für „einen bösen Menschen“ hielt (rus), und die russische Revolution. Bei einer späteren Pressekonferenz gestand er, dass er eine gewisse Sympathie für Grigori Rasputin, den berüchtigten Mystiker und „engen Freund der kaiserlichen Familie“, hege.
>>>Rasputin: Der „heilige Teufel“ am Zarenhof
Der Boxer pries auch den ersten russischen Zaren, Iwan den Schrecklichen, an, einen wichtigen Reformator, der aber mehr als brutaler und kriegerischer Herrscher galt. „Ich erinnere mich sehr oft an die Zeiten, in denen Russland von allen Seiten bedrängt wurde, und nur wegen Iwan dem Schrecklichen wurden die Aggressoren aus dem Land vertrieben“, sagte er.
>>>Sieben Fakten über Iwan den Schrecklichen, Russlands ersten Zaren
3 „Cooler Kamerad“ Leo Tolstoi
Mike Tyson schätzt auch die russische Literatur, besonders Leo Tolstoi, der ein „cooler Kamerad“ ist und meint (rus), dass jeder seine Werke lesen sollte. Tyson las Tolstois Bücher während seiner dreijährigen Haftstrafe in den frühen 1990er Jahren, nachdem er der Vergewaltigung einer Kandidatin eines Schönheitswettbewerbs für schuldig befunden wurde.
Wie er in seinem Buch „Unbestreitbare Wahrheit - Die Autobiografie“, erschienen in 2013, schrieb, wollte er Tolstois Haus besuchen, als er 2005 nach Moskau reiste. „...Der Übersetzer, der uns mitgenommen hat, war verblüfft, dass ich die Namen aller Kinder Tolstois kannte und mir die Dynamik zwischen Tolstoi und seiner Frau bewusst war“, gestand der Boxer.
4 Intelligente Callgirls
Im Jahr 2005 beschrieb Tyson Moskau als „New York auf Steroiden“ und Russland als ein Land, in dem er „ungestraft“ alles tun könne, was er wolle. In „Unbestreitbare Wahrheit“ erzählte er seine Geschichten über Callgirls in Moskau, die besser ausgebildet waren als in den Vereinigten Staaten. „Sie könnten ein Fortune-500-Unternehmen leiten.“ Er traf auch Beamte und Gangster, die in riesigen Villen lebten, und schrieb, dass in Russland, wie in anderen Ländern in der Region, sich „alles um Sex und Macht drehe“.
Am Ende kam Tyson jedoch zu dem Schluss, dass Russland „kein Ort“ für ihn sei. „Auf Russisch haben sie nicht einmal ein Wort für „Balance“. Es gibt kein Gleichgewicht in Russland, nur Extreme. Deshalb passe ich dort so gut rein. Dieser Ort war zu perfekt für mich und meine Dämonen. Ich liebte es, in Russland zu sein.“
5 Muslimischer Held
Tysons ursprünglicher Grund für seinen Besuch in Moskau im Jahr 2005 war ein Treffen mit seinem Therapeuten, der mehrere Monate im Jahr in der russischen Hauptstadt arbeitete. Wie er sich erinnerte, war er während einer Sitzung mit dem Therapeuten wirklich bewegt, als die Teilnehmer ihre unbehaglichen persönlichen Lebensgeschichten teilten. Tyson erzählte ihnen von seiner Kindheit: Gewalt, Probleme mit seiner Mutter und ständige Angst. Die Anwesenden waren von der Geschichte des Boxers und seiner ansprechenden Einstellung berührt und sagten ihm, dass er „entweder ein Politiker oder ein Prediger sein sollte“.
Das war nicht die einzige spirituelle Erfahrung, die Tyson damals in Russland hatte - es gab auch eine Reise nach Tschetschenien. Zunächst nahm er das Angebot des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow an, in die überwiegend muslimische Republik zu kommen, weil er dafür gut bezahlt wurde. Es stellte sich jedoch heraus, dass „sich bei diesem Besuch alles um Spiritualität, Allah und den Islam drehte“.
Während seiner Haftzeit war Tyson zum Islam konvertiert und nannte sich Malik Abdul Aziz, was „König und Diener des Allmächtigen“ bedeutet. „Ich wurde im ganzen Land, wie er die tschetschenische Republik nannte, als muslimischer Held gefeiert. Muslimischer Held, so ein Quatsch - ich war ein wütender Kokainabhängiger“, schrieb Tyson später, in Bezug auf seine langfristige Drogenabhängigkeit. Dennoch blieb er in Kontakt mit Ramsan Kadyrow und besuchte die Republik später erneut.