Fettleibigkeit: Sind die Russen zu dick?

Wladimir Wjatkin/Sputnik
Die Fakten zum Thema Fettleibigkeit und Übergewicht in Russland sind besorgniserregend. Die Regierung steuert dem Trend entgegen.

Wer in Russland über 55 Jahre alt ist, gehört zur Risikogruppe für Fettleibigkeit. Das zeigen (rus) Untersuchungen des russischen Gesundheitsministeriums. Wenn Menschen älter werden, neigen sie dazu, sich weniger zu bewegen, essen aber weiter die gleiche Menge. Das führt zu „Rettungsringen“ um die Taille und Übergewicht. 

„Ein Beispiel: Die Leute haben sich daran gewöhnt, 3 000 Kalorien zu essen, verbrennen aber nur 2 500. Diese zusätzlichen 500 Kalorien werden zu Fett”, erklärt Wiktor Tuteljan vom Ministerium.

Als fettsüchtig gilt nach internationalen Maßstäben, wer einen Bodymass-Index (BMI) von über 30 hat. In diesem Bereich steigt das Risiko für Herzerkrankungen, Diabetes und Krebs, weshalb das Thema Übergewicht Sorgen bereitet.

Wie ist die Lage in Russland?

Es gibt immer mehr Übergewichtige in Russland. Im Jahr 2016 galten 1 825 362 Menschen im klinischen Sinne als adipös, im Jahr 2017 stieg (rus) die Zahl auf 1 936 272 Menschen. Das entspricht 1,3 Prozent der Bevölkerung. 

Auch Kinder unter 14 Jahren leiden zunehmend an Adipositas. Die Zahl der übergewichtigen Kinder ist seit 2005 um 30 Prozent (rus) gestiegen, sagt Anna Popowa, Direktorin der russischen Aufsichtsbehörde für Konsumenten- und Gesundheitsschutz. 

Nach Angaben (rus) des Föderalen Forschungszentrums für Ernährung und Biotechnologie waren bei den über 30jährigen Russen 60 Prozent der Frauen und 50 Prozent der Männer übergewichtig, davon galten 31 Prozent der Frauen und 27 Prozent der Männer als fettsüchtig. 

Mehr essen, weniger bewegen

Warum ist das so? Die Behörden gehen davon aus, dass es an einem systematischen Ansatz fehlt, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. „Es gibt aktuell fünf Mal mehr übergewichtige Kinder- und Jugendliche als noch vor fünf, sechs Jahren”, so Popowa. „Eltern versäumen es nicht nur häufig, ihren Kindern zu erklären, dass es nicht gut ist, zu viel oder ungesund zu essen, sie geben auch oft durch ihre eigenen Ernährungsgewohnheiten kein gutes Vorbild ab.”

Die schlechten Essgewohnheiten der Russen spielen nach Expertenmeinung eine große Rolle bei der Entstehung von Übergewicht. Angela Tarasenko vom Föderalen Forschungszentrum für Ernährung und Biotechnologie betont (rus), dass die Russen zu viel Salz, Zucker und Fett und zu wenige Ballaststoffe, hochwertige Proteine und biologisch aktive Substanzen, die vor allem in naturbelassenen Lebensmitteln stecken, zu sich nehmen.

Gleichzeitig bewegen sich die Menschen immer weniger. „Mehr essen bei weniger Bewegung, das hat Folgen. Zudem ist ausreichend Schlaf wichtig. Im Schlaf werden Hormone ausgeschüttet, die Fett abbauen. Viele Menschen nehmen durch Stress zu, sie essen dagegen an”, führt Tarasenko aus.

Im Jahr 2017 starteten die russischen Behörden eine Kampagne (rus) für einen gesünderen Lebensstil. Die Regierung hofft, dass sie die Zahl derer, die gesund leben, von 36 Prozent (2017) auf 60 Prozent bis zum Jahr 2025 steigern kann und die der regelmäßig Sporttreibenden von 34 auf 45 Prozent. Im Kampf gegen Übergewicht, aber auch gegen Alkohol- und Drogensucht, denkt die Regierung darüber, die Fernsehwerbung für Würstchen, Fast Food, Limonade und Chips einzuschränken, und will eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Ist die Fettsucht in Russland weiter verbreitet als in den USA?

Russland liegt beim Thema Adipositas zwar nicht an der Weltspitze, aber die Situation ist dennoch besorgniserregend. Weltweit gesehen liegt das Land im unteren Mittelfeld. Laut WHO gab es im Jahr 2016 weltweit mehr als 1,9 Milliarden übergewichtige Menschen, darunter 650 Millionen Fettsüchtige.

Russland lag 2016 in der weltweiten Rangliste (eng) übergewichtiger Erwachsener mit 23,1 Prozent auf Platz 70, die USA belegten Rang 12 (36,2 Prozent). Deutschland lag auf Platz 79 (22,3 Prozent). Ganz oben finden sich die Pazifikstaaten Nauru (61 Prozent), die Cook Inseln (59,9 Prozent) und Palau (55,3 Prozent).

>>> Diese russischen Frauen ermuntern zu einer positiven Körperwahrnehmung

>>> Gesund leben: Ein Trend nur für Besserverdienende?

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!