Sieben Gründe, warum die Russen so robust sind

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Entweder hat man es oder nicht. Wir Russen haben es definitiv: Wir sind ein starkes Volk und das hat seine Gründe.

1. Wir stammen von Bauern ab

Bevor die Kommunisten den, wie Lenin es nannte, militärisch-feudalen Imperialismus des Zarenreichs zu Fall brachten, waren mehr als 75 Prozent der Bevölkerung Russlands Bauern, sie waren das Salz der Erde. Das Leben war kein Ponyhof. Ab einem Alter von sechs Jahren begann das Arbeitsleben. Die Kinder kümmerten sich um das Vieh oder stellten nützliche Dinge her wie Lapti, traditionelle russische Schuhe. Fleiß war eine Tugend. Man krempelte die Arme hoch und verfolgte weiter sein Ziel: überleben.

Die Infanterie der russischen Armee war aus Bauern rekrutiert, ebenso die Besatzung russischer Erkundungsschiffe und das aus gutem Grund: sie galten als zuverlässig und belastbar.

Bauernkinder von Wladimir Makowski

2. Sowohl Bauern als auch Adligen wurde Demut gelehrt

Russische Bauern waren dem Zaren treu ergeben und mussten ihrem Lehensherren gegenüber Demut zeigen, sonst wären sie bestraft worden. Die orthodoxe Kirche hat maßgeblich zu dieser untertänigen Haltung beigetragen. Einige Bauern opferten sogar ihr Leben für den Zaren, so wie Iwan Sussanin, der als Held in die Geschichte einging, weil er verhinderte, dass die Polen den Zaren fanden. Diese selbstlose Tat war typisch für die Haltung der russischen Bauern: sie gaben nicht auf, auch nicht, wenn es schwierig wurde.

Neuling von Iwan Bogdanow

Für die Adeligen, die Offiziere und Großgrundbesitzer galt, dass sie sich ihr Ansehen verdienen mussten. Sie und ihre Angehörigen mussten strenge Regeln einhalten. Vor allem wurde erwartet, dass sie gute Christen sind und dem Zaren die Ehre erweisen. Da auch Bettelei verpönt war, erlernten die Kinder aus aristokratischen Familien oft einen Handwerksberuf, um später den Lebensunterhalt der Familie sicherstellen zu können. Das war nach der Revolution sehr hilfreich, als der Adel quasi über Nacht mittellos wurde und durch seine Hände Arbeit Geld verdienen musste. Diese praktischen Fähigkeiten halfen auch, die adelige Herkunft vor den Bolschewiki zu verbergen, denen es danach dürstete, blaues Blut zu vergießen.

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3. Revolution, Verfolgung und Massenverhaftungen

Die sozialen Spannungen während und nach der Revolution führten dazu, dass einige Menschen auswanderten, dass sich Adel und Proletariat zunehmend vermischten und die herrschende Klasse unterging. Die neue sowjetische Elite, die unter Stalin und Lenin aufkam, wurde während der stalinistischen Säuberungen nahezu ausgelöscht. Die heutigen Russen stammen daher vor allem von der städtisch geprägten Arbeiterklasse ab, in deren Adern wiederum das Blut der russischen Bauern floss.

Arbeitslager in Solowki

Die Repressionen Stalins und Chruschtschows, die von 1920 bis 1960 andauerten, haben ebenfalls Spuren hinterlassen: Nahezu jeder Russe, der heute lebt, hat einen Verwandten, der im Gefängnis oder Gulag war. Während der Zwangskollektivierung zur Stalinzeit wurden sogar Kleinkriminelle mit einer langen Haftstrafe im Arbeitslager bestraft.

4. Zweiter Weltkrieg – die Hauptursache russischer Stärke

Russland hat im Zweiten Weltkrieg mehr Verluste beklagen müssen, als irgendein anderes Land. Vor allem verloren Männer ihr Leben. Übrig blieben zahllose Frauen und Kinder, die nun keine Ehemänner und Väter mehr hatten. Viele der überlebenden Soldaten waren schwer verletzt oder dauerhaft beeinträchtigt und auf ständige Pflege angewiesen.

Die Auswirkungen des Krieges auf die männliche russische Bevölkerung sind noch heute spürbar. Viele Frauen waren gezwungen, traditionelle Männerarbeit zu verrichten. Die Frauen mussten ihre Söhne und Töchter alleine großziehen und die Kinder mussten oft schon früh Verantwortung übernehmen.

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5. Migration, ein großes Land, ein raues Klima

Die Russen haben sich nie davor gescheut, ihr großes Land zu erkunden. Jahrhundertelang wanderten die Bewohner der zentralen Regionen über den Ural, nach Sibirien und in den Fernen Osten. Zentralrussland hatte immer eine ganz besondere Anziehungskraft.

Über die Jahrhunderte haben sich die Menschen zudem dem oft rauen Klima angepasst und sind immer stärker geworden.

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6. Ein hartes Leben

In Russland gilt Selbstdisziplin als Stärke und wird gefördert. Zu Sowjetzeiten nutzten die Offiziellen körperliche Ertüchtigung, um das Volk zu motivieren, überflüssige Energie abzubauen und eine gesunde Lebensweise zu propagieren.

Auf den Dörfern waren Faustkämpfe eine beliebte Veranstaltung, bei der Männer ihren Frust abbauen konnten.

In den Städten entstand eine Kultur, in der physische Stärke und Kampffähigkeiten zählten, so dass es dort mitunter recht gewalttätig zuging. Heutzutage gibt es zum Glück weitaus weniger Hahnenkämpfe in russischen Straßen aber während meiner eigenen Kindheit in Moskau habe ich schnell gelernt, mich gegen Zehntklässler, die mein Essensgeld stehlen wollten, zu wehren. Fast täglich wurden Kinder aus meiner Klasse zusammengeschlagen oder beraubt. Das war die Realität einer Kindheit und Jugend in den 1990ern.    

Die erbarmungslosen Ausbildungsmethoden des russischen Militärs sind berüchtigt und trennen Männer von Jungs. Junge Rekruten werden schnell hart geschliffen. Das ist einer der Gründe, warum die russische Armee so gefürchtet ist.

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7. Haltung

Es geht nicht um die russische Seele, obwohl Stärke ihren Platz darin hat. Es geht im Grunde um das reine Überleben. Wenn man hart arbeiten muss, um die Familie durchzubringen, wie es schon die Vorfahren mussten, gewöhnt man sich irgendwann daran. Es ist dann normal, stark zu sein.

Auf Außenstehende wirken die Russen oft wie ein deprimiertes, melancholisches Volk. Aber was andere als „Depression” bezeichnen ist nur eine Haltung, die es uns Russen leichter macht, die Herausforderungen, die das Leben für uns bereithält, zu meistern.

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