Die stärkere Hand: Fünf berühmte russische Linkshänder

Mehdi Taamallah/Global Look Press
In jedem Bereich, ob Sport, Kunst, Musik, finden sich Linkshänder ganz oben, wenn es um Erfolg geht. Was ist dran, am Mythos des Linkshänder-Genies?

Es gibt eine weit verbreitete Vorstellung, dass bei Linkshändern die rechte Gehirnhälfte stärker ausgeprägt ist, die für „Kreativität“ steht, im Gegensatz zur linken Hirnhälfte, die für „Logik“ steht. Diese Theorie hält einer Überprüfung jedoch nicht stand, jedenfalls nach heutigen Erkenntnissen. Der Mensch braucht beide Hemisphären, um zu funktionieren. Ob dabei beide gleich stark ausgeprägt sein müssen, ob eine stärker oder schwächer sein darf, das alles wissen wir nicht.

Etwa acht bis 15 Prozent der Bevölkerung sind Linkshänder. Ein Merkmal, das in zahlreichen Kulturen dazu diente, Menschen auszugrenzen. Die linke Seite gilt in diesen Kulturen als unrein. In Russland hatten es Linkshänder ebenfalls schwer. Peter der Große akzeptierte sie nicht als Zeugen vor Gericht. Offenbar teilte er die Meinung der überwiegend konservativen russischen Masse, die glaubte, der Teufel höchstpersönlich stecke in Linkshändern. 

Dieser Trend, den „Linken“ mit Misstrauen zu begegnen, setzte sich jedoch bis ins 20. Jahrhundert fort: Die UdSSR hielt sie für eine Laune der Natur und versuchte sie umzuschulen. „Es galt damals als beschämend, Linkshänder zu sein“, erinnert sich der Schauspieler Wiktor Suchorukow. „Ich bin früher beim Schönschreiben gescheitert, weil ich nicht mit der linken Hand schreiben durfte, es mit rechts aber nicht konnte. Der Lehrer hat mir mit dem Lineal auf die Hände geschlagen, damit ich den Stift wie vorgeschrieben halte.“ 

Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab die Welt es auf, Linkshänder umerziehen zu wollen. Die „Spiegelmenschen“ galten als normal und es wurden Anpassungen bei Alltagsgegenständen vorgenommen, um ihnen das Leben etwas leichter zu machen. 

In Russland gibt es eine Reihe außergewöhnlicher Linkshänder. 

  1. Leo Tolstoi

Der große russische Autor Leo Tolstoi (1828-1919) war von Natur aus beidhändig. Nichts deutet darauf hin, dass er als Kind umerzogen wurde, aber es gibt viele Beweise für seine Schreibfähigkeit mit beiden Händen. Die Kritiker jener Tage würden wohl behaupten, dass Tolstois legendäre Produktivität darauf zurückzuführen sei, dass er einfach mit der anderen Hand weitergeschrieben habe, wenn die erste müde wurde. Es gibt kein Foto, dass Tolstoi beim Schreiben mit der linken Hand zeigt, dazu nutzte er meist die rechte. Doch es gibt viele Beweise, dass Tolstoi bei Tisch ein echter Linkshänder war. 

  1. Maria Scharapowa

Die berühmte Tennisspielerin Maria Scharapowa (geboren 1987) wurde als Linkshänderin geboren und spielte während ihrer gesamten Kindheit auch mit dieser Hand, auch bei den Junioren. 

Im Alter von 10-12 Jahren wechselte sie die Hände. „Ich bin eine natürliche Linkshänderin. Ich erledige viele grundlegende Aufgaben mit meiner linken Hand. Ich schreibe zwar mit meiner rechten Hand, aber ich höre auf und fange an, Dinge mit meiner linken Hand oder meinem linken Fuß herumzuschieben oder zu treten“, sagt Maria. Auch sie gilt als beidhändig. 

>>> Große Karriere: Tennisstar Maria Scharapowa verabschiedet sich vom Profisport (FOTOS)

  1. Garry Kasparow

Wie kann es sein, dass das Schachgenie Garry Kasparow (geboren 1963) Linkshänder ist, wenn Linkshändigkeit bedeutet, dass man außergewöhnlich kreativ ist? In der Tat zeigte Kasparow bereits in der Schule herausragendes mathematisches Talent und wurde mit 22 Jahren der jüngste Schachweltmeister. Kasparow war und ist für sein lebhaftes Temperament und seine paradoxe Taktik sowohl im Schach als auch im Leben bekannt.

  1. Sergei Rachmaninow

Ein linkshändiger Pianist - ist so etwas möglich? Das ist die Frage, die sich die Eltern von Linkshändern stellen, wenn sie sie zur Musikschule schicken. Es scheint, dass die Konstruktion eines Klaviers besser für Rechtshänder geeignet ist. Gleiches gilt für die Gitarre. Doch dann gibt es Gitarristen wie Jimi Hendrix und Kurt Cobain, die einfach die Saiten vertauscht haben und mit der linken Hand spielten. Außerdem gibt es inzwischen auch spezielle Linkshänder-Gitarren. 

Auch Sergei Rachmaninow (1873-1943) war keine Ausnahme. Er war berühmt für seine erstaunliche Reichweite: er konnte 12 weiße Tasten mit einer Hand anschlagen. Dies entspricht der Breite eines Din A4-Blattes. In seiner täglichen Arbeit war Rachmaninow ein schwieriger, pedantischer Mann, der Ordnung liebte und litt, wenn etwas nicht nach Plan lief. Er besaß jedoch auch ein außergewöhnliches musikalisches Gedächtnis und Liebe zum Detail. Der Meister konnte sich nach nur wenigen Malen Anhören Note für Note eines langen Orchesterarrangements merken.

  1. Maja Plissezkaja 

Die legendäre Ballerina Maja Plissezkaja (1925-2015) war Linkshänderin, wurde aber offenbar wie alle Kinder damals umgeschult. Sie erledigte alle ihre Aufgaben mit der linken Hand, schrieb aber ausschließlich mit der rechten. 

Als Persönlichkeit - außerhalb ihres legendären Status‘ in der Welt des Tanzes - war Plissezkaja für ihre kategorische Natur bekannt. „Geben Sie niemals auf oder nach. Bis zum bitteren Ende nicht! Selbst totalitäre Regime mussten sich in der Vergangenheit obsessiver Konzentration, Überzeugung und Entschlossenheit geschlagen geben. Meine Siege waren immer davon abhängig. Charakter - das ist es, was letztlich das Schicksal prägt!“, schrieb die Primaballerina in ihrer Autobiografie.

>>> Maja Plissezkaja: Ein Leben für die Kunst

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.

Weiterlesen

Diese Webseite benutzt Cookies. Mehr Informationen finden Sie hier! Weiterlesen!

OK!