Insgesamt verbrachte ich im Rahmen eines weltraumbezogenen Experiments acht Monate in Isolation. Ich habe auf simulierten Weltraumstationen in der US-amerikanischen Wüste, auf einer unbewohnten Insel in der Arktis und am Institut für biomedizinische Probleme (IBMP) der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau gelebt.
Isolation ist eine wunderbare Zeit, um über sich selbst und geliebte Menschen nachzudenken, Versprechen gegenüber sich selbst einzulösen, sich persönlich weiterzuentwickeln und um zu lernen, effektiv mit dem eigenen Körpergewicht zu trainieren.
120 Tage lang habe ich ohne Sonne, frische Luft, Freunde, frisches Obst oder Gemüse, ohne Telefon und Internet verbracht. 120 Tage nur unter Kollegen, die inzwischen Familie und Freunde geworden sind, in einer hermetisch abgeschlossenen Station, die einem großen Metallfass ähnelt. 120 Tage lang habe ich über 80 wissenschaftliche physiologische und psychologische Tests durchgeführt, unter extremen Bedingungen.
Das alles war Teil der Weltraumsimulation Sirius-19. Wir, die Kosmonauten werden wollen, tragen auf unsere Weise zur Eroberung des Alls bei, indem wir Untersuchungen an uns selbst durchführen oder die Weltraumschuhe der Testkosmonauten ausprobieren.
Der neue Lebensstil, den Sie an Bord einer Simulationsstation erfahren, ist ein Probelauf für die Menschheit, bevor sie sich über die Grenzen der Erde hinausbewegt.
Während meiner ersten Expedition im Rahmen des Projekts Mars-160, bei der es darum ging, zu untersuchen, wie ein Team im Weltraum funktioniert, habe ich verstanden, was für ein großer Luxus eine solche Reise ist und wie wenige ihn sich leisten können.
80 Tage haben wir auf der Simulationsstation verbracht. Ist das überhaupt lange? Nun, die üblichen Weltraummissionen an Bord der Internationalen Raumstation (ISS) dauern zwischen drei und zwölf Monaten. Wir haben es in diesen 80 Tagen geschafft, nicht verrückt zu werden, obwohl wir „weit weg“ von der Erde waren.
Wir haben im ersten Teil des Mars 160-Projekts viele Tests durchgeführt. Manche waren hart, einige ungeplant und einige sogar ganz angenehm.
Die erste Lektion: Erwartungen stimmen nicht mit der Realität überein. Sie können enttäuscht oder angenehm überrascht werden. Wenn Sie diese Tatsache akzeptieren, haben Sie diesen Test schon bestanden.
Die zweite Lektion: Der menschliche Körper verfügt über unbegrenzte Möglichkeiten, sich anzupassen und zu überleben.
Die dritte Lektion: Man kann nie genug wissen. Wissen ist ein mächtiges Werkzeug, um kritische Situationen zu überwinden und kreative Denkprozesse in Gang zu setzen.
Natürlich gibt es auch das Problem der Zeit. Mal vergeht sie schnell, mal langsam. Sie versuchen, das mit dem Verstand zu beeinflussen. Aber wir sind nicht die Herrscher über die Zeit. Sie allein entscheidet, wie viele Sekunden wann heruntergezählt werden, als wolle sie unseren Willen und unsere Entschlossenheit testen.
Hier sind meine fünf Tipps, die Ihnen helfen können, die erzwungene Isolation optimal zu nutzen und sogar davon zu profitieren.
1. Ein fester Tagesablauf: es scheint, als sei es leicht, diesen beizubehalten, doch dem ist in der Isolation nicht so. Stellen Sie also sicher, dass Sie Ihre Aufgaben an den Wochentagen erfüllen. Am Wochenende dürfen Sie sich ein wenig verwöhnen.
2. Training: Bewegung ist nicht nur der Schlüssel zu einem gesunden Körper, sondern auch zu einem wachen Geist. Isolation ist eine extreme, nie zuvor erlebte Belastung, mit der man aber lernen kann, umzugehen. Stress wird am besten durch anstrengende Aktivitäten reduziert.
3. Beschränken Sie Ihre Online-Aktivitäten: auf Sirius-19 hatten wir kein Internet. Wir waren in einer Art Informationswüste. Sie, lieber Leser, sind dem Gegenteil ausgesetzt. Sie bekommen ein Übermaß an Informationen, die sie ablenken und zermürben.
4. Kontrollieren Sie Ihre Emotionen: versuchen Sie, Ihre Reaktionen auf Aufregung immer wieder anzupassen und versuchen Sie, alles auch aus einer anderen Perspektive zu betrachten.
5. Achten Sie auf sich: nutzen Sie die Zeit der Isolation, um in sich hineinzuhören, bewusst zu atmen, für Meditation. Überlegen Sie, was Sie ändern möchten, wenn all das vorbei ist.
Anastasia Stepanowa nimmt an den internationalen Weltraumprojekten Sirius-19 und Mars-160 teil. Sie ist Stipendiatin am Institut für biomedizinische Probleme der Russischen Akademie der Wissenschaften, Weltraumjournalistin und engagiert sich bei SpasReserw, einem sozialen Such- und Rettungsdienst.
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