1. Anton Pawlowitsch Tschechow war von Beruf ursprünglich Arzt. Nachdem er sich in Melichowo niedergelassen hatte, übernahm er unentgeltlich die medizinische Betreuung der einheimischen Bauern. Einen Flügel des Anwesens ließ er sogar zum Behandlungsra umbauen. Die Bauern konnten sich keine Medikamente leisten, daher gab Tschechow sie kostenlos ab. Auf einem Teil des Geländes von Melichowo wurden Heilpflanzen angebaut.
Behandlungsraum
Wadim Rasumov, Alex Boss57/Wikipedia2. Die schwere Choleraepidemie von 1892 zog an Melichowo vorüber, möglicherweise wegen der guten medizinischen Versorgung der Dorfbewohner. Die Nachbarorte wurden jedoch von der Epidemie heimgesucht. Tschechow zögerte keine Sekunde und bot den Ärzten vor Ort seine ehrenamtliche Unterstützung an. Er koordinierte in 26 Dörfern, vier Fabriken und im Davidova-Pustyn-Kloster die Umsetzung von Vorsorgemaßnahmen, um eine Ausbreitung der Cholera zu verhindern.
Tschechows Haus
Wadim Rasumow3. Tschechow stellte darüber hinaus Mittel für den Bau von drei Schulen in Melichowo bereit. Alle drei hatten einen hervorragenden Ruf. Die von ihm finanzierten Bildungseinrichtungen waren geräumige Holzhäuser mit hohen Decken (3,5 m). Zwei der drei Schulen sind bis heute in gutem Zustand erhalten. Sie wurden noch bis Mitte der 1970er Jahre genutzt, bevor sie in ein Museum umgewandelt wurden. In der ehemaligen Schule im Dorf Nowoselki, in einem Gebäude aus dem Jahr 1897, ist eine Ausstellung zu Tschechows literarischen Figuren untergebracht.
Tschechows Haus
Wadim Rasumow4. Anton Tschechow ist auch für die Entwicklung der Telegrafenkommunikation in und um Melichowo zu danken. Er startete 1893 einen Aufruf zu einer Petition an den Moskauer Post- und Telegrafendienst. Nach einer von Philanthropen initiierten Spendenaktion wurde schließlich ein neues Bezirkspostamt eingerichtet. Die Eröffnung der Poststelle fand am 2. Januar 1896 statt. Am 1. Oktober wurde die Telegrafenlinie in Betrieb genommen. Der Postvorsteher A.V. Blagoweschtschenski lud Tschechow persönlich zur Inbetriebnahme ein.
Der Flügel, in dem Tschechow an „Die Möwe” arbeitete; Anton Tschechow und sein Bruder Michail, 1895
Wadim Rasumov, Archivfoto5. Während der Volkszählung von 1897 in Russland überwachte Anton Tschechow die Arbeit von 15 Schreibern und ging auch selbst von Haus zu Haus. Doch die Bauernhäuser hatten niedrige Eingangstüren, so dass Tschechow, ein großer Mann, sich ständig bücken musste. Das verleidete ihm die Arbeit. Er wurde für seine Verdienste mit der „Medaille der ersten Volkszählung von 1897” ausgezeichnet.
Tschechows Schlafzimmer
Wadim Rasumow6. Der mit Tschechow befreundete Künstler Isaak Lewitan war ein häufiger Gast in Melichowo und verewigte das Anwesen auf Leinwand. Besonders bekannt ist sein Werk „Melichowo im Frühling”. Besucher von Tschechows Anwesen können sich auf dem „Lewitan-Hügel” niederlassen, einer künstlichen Erhebung neben einem Teich, und die Perspektive des Künstlers nachempfinden. Der Hügel war einer der liebsten Orten Lewitans.
„Die Veranda in Melichowo. Flieder” (1895)
Isaak Lewitan7. Auch Lydia, genannt Lika, Misinowa, Vorbild für die Figur der Nina Saretschnaja in Tschechows „Die Möwe”, besuchte Melichowo oft. Sie unterrichtete ebenso wie Tschechows Schwester Maria an einer Mädchenschule. Maria machte Tschechow und Lika miteinander bekannt. Ihre Beziehung war vertrauensvoll. Häufig spazierten sie gemeinsam über den Melichowo-Pfad, der als „Liebesgasse” bekannt ist.
Anton Tschechow mit der Familie und Freunden. Im roten Zirkel ist Lika Misinowa.
Sputnik8. Tschechows Vater Pawel führte Tagebuch und lieferte damit sehr gute Informationen über das Leben in Melichowo. Dabei konzentrierte er sich auf die Beschreibung alltäglicher Ereignisse und Details. Geboren als Sohn eines Bauern, der sich von der Leibeigenschaft befreit hatte, stieg der alte Tschechow zu einem Mitglied der dritten Gilde, einem Kleinhändler, auf. Später ging er jedoch bankrott.
Tschechows Arbeitsraum und Arbeitstisch
Wadim Rasumow9. Anton Tschechow legte besonderes Augenmerk auf eine natürliche Landschaftsgestaltung. Er ließ spezielle Bäume und Blumen pflanzen. In einem Frühjahr wurden über 100 Fliederbüsche gepflanzt. Wenn der Flieder und die Obstbäume in der Frühjahrsblüte standen und ihren Duft verströmten, kamen die Besucher besonders gerne nach Melichowo. Im Gemüsegarten wuchsen Pflanzen, die sonst eher in wärmeren Gebieten gediehen wie Spargel, Artischocken und Kohlrabi. Tschechow bezeichnete ihn daher als „Südfrankreich“.
10. Der erste Direktor des Tschechow-Museums in Melichowo war Juri Awdejew. Er leitete das Haus von 1952 bis 1987. Er ließ sämtliche Gebäude des Gutes restaurieren, auch die im Zweiten Weltkrieg beschädigten und baute eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten, Manuskripten und persönlichen Gegenständen des Schriftstellers auf. Awdejew war selbst ein talentierter Künstler, der zahlreiche Landschaften und Porträts anfertigte.
Tschechows Arbeitsraum
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