Kulinarische Fälschung: Russische Gerichte, die angeblich aus Europa kommen

Franzosen und Tschechen wären wohl überrascht, wenn sie wüssten, welche Köstlichkeiten ihnen in Russland zugeschrieben werden.

Die russische Vorliebe für alles Europäische betrifft auch das Kochen. Viele Gerichte werden fälschlicherweise als französisch, tschechisch oder finnisch bezeichnet. Oft ist dies eine gewagte Aussage…

1. Tschechische Roulade

Wenn Sie in Tschechien eine Roulade bestellen, bekommen Sie eine Schüssel mit Schweinefleisch und dazu Knödel. In Russland serviert man Ihnen dagegen eine Schokoladen-Biskuit-Torte mit Schokocreme als Tschechische Roulade. Diese Köstlichkeit stammt aus Sowjetzeiten und wurde im legendären Restaurant „Praga“ kreiert, ebenso wie der Wenzelskuchen, die Vogelmilch-Torte oder natürlich die Torte Praga. Viele Menschen bekommen beim Gedanken an diese hochfeine sowjetische Dessertkunst nostalgische Gefühle. Tschechische Rouladen werden heute auch in Süßwarengeschäften, Cafeterien und bei Buffets im Theater verkauft. 

2. Polnische Kuchen

In Russland gibt es zwei Kuchen, die nach polnischen Städten benannt wurden. „Krakau-Kuchen“ ist ein Mürbeteiggebäck mit Mandelbaiser, „Warschauer Kuchen“ hingegen besteht aus Mürbeteig, Nüssen und Früchten. Erstmals tauchten diese Kuchen in den 1950er Jahren in der Sowjetunion auf und waren nicht selten. In Polen werden Sie einen solchen Kuchen kaum finden. Die polnische Nationalnachspeise ist Kremkowa, ein Mürbeteiggebäck mit Vanillepudding und Puderzucker.   

3. Fleisch nach französischer Art

Wollen Sie einen französischen Freund überraschen? Dann erzählen Sie ihm von diesem Gericht oder noch besser, lassen Sie es ihn probieren. Russisches Fleisch „französischer Art” hat nichts zu tun mit französischem Schnitzel oder Entrecote. In Russland versteht man darunter ein Stück Schweinefleisch (seltener Rindfleisch), das mit Tomaten, Mayonnaise und geriebenem Käse im Ofen geschmort wird. Ein Klassiker zu jeder Gelegenheit. Es gleicht dem „Kalbsrücken Orloff”, einer auch im Ausland sehr beliebten Spezialität, nur ohne Kalb, Pilzen und Kartoffeln (die man für noch mehr Geschmack aber auch hinzugeben kann). Die Speise soll ein französischer Koch in Diensten von Fürst Alexej Orloff kreiert haben. Zu Sowjetzeiten wurde es dann so verändert, dass es eine echte „Volksmahlzeit” werden konnte.

4. Wiener Kaffee

Wien ist die Kaffee-Hauptstadt der Welt, mit unendlichen Variationen des beliebten Heißgetränks. Die bekannteste und traditionellste ist wohl die „Wiener Melange”. Sie besteht aus geschäumter Milch und einem Espresso und wird häufig mit ungesüßter Sahne serviert. Auch wenn viele Kaffeehäuser in Russland „Wiener Kaffee” anbieten, hat dies wenig mit dem Original gemeinsam und die Rezepte sind vielfältig. Als Grundlage dient entweder Kaffee Americano oder Espresso oder purer Kaffee mit Milch, Schokoladenstreuseln und einer Haube aus meist gesüßter Sahne. 

5. Finnische Räucherwurst

Nach den Olympischen Spielen von Moskau 1980 eroberten ausländische Produkte den sowjetischen Markt. Eines davon war finnische Salami, die so viele russische Herzen und vor allem Mägen eroberte, dass man beschloss, diese im eigenen Land herzustellen. So wurde die geräucherte Wurst auch in der Sowjetunion produziert. Der Wohlstand einer Sowjetfamilie konnte daraufhin im Kühlschrank abgelesen werden. „Finnische” Wurst war ein sehr seltenes Produkt und ein Zeichen dafür, dass es einem gut ging. Es war nicht nur eine Frage des Geldes. Die Wurst gab es auch nur unregelmäßig zu kaufen und auch nicht überall. Wer eine der beliebten Würste ergattert hatte, wahrte sie für besondere Anlässe auf, um die Gäste zu beeindrucken. Noch heute wird sie nach dem alten Rezept in Russland produziert: Zu gleichen Teilen Rind, Fett und mageres Schweinefleisch plus Gewürze.

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