Leckeres aus der Ferne
Der russische Pavillon war früher – vor der zweijährigen Teilnahmepause in den Jahren 2016 und 2017 – einmal bis zu 1000 Quadratmeter groß und damit der größte der ganzen "Grünen Woche" in Berlin. Auf mittlerweile nur noch halber Fläche präsentieren sich nun aber immerhin zwanzig Unternehmen aus 15 Regionen Russlands. Die meisten von ihnen orientieren sich zunehmend in Richtung Qualitätsverbesserung und Umweltfreundlichkeit.
Während deutsche und russische Minister und Wirtschaftsvertreter bei ausgiebigen Podiumsdiskussionen den Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Russland und Deutschland im Bereich der Lebensmittelproduktion erörtern, sitzen die Besucher bereits im russischen Pavillon bei Borschtsch und süßen Piroggen zu südrussischem Wein und Rentierfleisch aus Russlands Hohem Norden.
Christian und Maja, ein Pärchen Dresden, erzählen, dass sie das Russische an der „Grünen Woche“ in den letzten Jahren wirklich vermisst hätten und sich nun freuten, nicht mehr nur sowjetischen Champagner und Kaviar verkosten zu können, sondern auch wieder russische Schokolade, Suppen und Teigtaschen aller Art.
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Moltebeeren-Bio-Marmelade aus Karelien
Auf den ersten Blick wirkt sie unscheinbar, diese eingekochten Moltebeeren – auch Zarenbeeren genannt – aus den Wäldern des nordrussischen Kareliens. Sie wachsen nur in der Wildnis und sind nur schwer zu kultivieren. Die Pflanze liebt sauren Sumpfboden und hält auch sehr niedrigen Temperaturen stand. In der Russischen Küche wird sie bereits bei der Herstellung von Speiseeis, Getränken, Desserts sowie im einfachen Hausgebrauch verwendet.
Die hier präsentierte Marmelade wird von der Firma „Karelian Ressource“ LLC (Konzern „Rusbioalliance“) hergestellt. Inna Maksimowitsch, die regionale Verkaufsmanagerin, erklärt: „Unser Produkt ist biozertifiziert.“ Die Moltebeere werde in den Wäldern im Nordwesten Russlands an der Grenze zu Finnland ausschließlich von Hand gesammelt und ebenso ausschließlich von Hand gereinigt. Erst die Marmelade selbst werde dann industriell hergestellt: in zwei Fabriken in Karelien, einer in der Region Archangelsk, einer in der Republik Komi und einer in der Region Wologda. Jede Fabrik verarbeite etwa 30.000 Tonnen Beeren pro Jahr. Das Moltebeerenprodukt werde ohne Zucker, manchmal in Kombination mit Sanddorn, hergestellt.
Auf der „Grünen Woche“ präsentiert der Hersteller außerdem auch weitere Arten von Marmeladen, Fruchtaufstrichen und Konfitüren – mit Himbeeren, Kirschen, Brombeeren, Moosbeeren und Blaubeeren.
Rentierfleisch von der Jamal-Halbinsel
Auf der Jamal-Halbinsel im Norden Russlands gibt es mehr als 600.000 Rentiere – die größte domestizierte Tierherde der Welt.
Von dem echten Rentierzüchter-Zelt aus duftet es nach Rentierbraten mit Buchweizenbrei. Die ausgefallene Delikatesse verkosten hier auch Spanier, Griechen, Franzosen und sogar Thailänder.
Der autonome Kreis der Jamal-Nenzen ist die einzige Region in Russland, die auch berechtigt ist, Rentierfleisch in EU-Länder zu exportieren. In Berlin verhandelt das Fleischverarbeitungswerk „Pajuta“, welches das EU-Zertifikat erhalten hat, mit einer deutschen Firma über die Lieferung von 32 Tonnen Rentierfleisch im Jahr nach Deutschland mit Aussicht auf Erhöhung der Lieferungen auf 100 Tonnen. Ein weiterer Vertrag über die Lieferung von 500 Tonnen Rentierfleisch ist mit der finnischen Firma „Yamal Deer“ geplant.
Gesund, süß und aus Moskau
Die Moskauer Region stellt in Berlin eine „gesunde Süßigkeiten, den „Healthy Ball“ vor. Diese sei, so verspricht der Hersteller, zu 100 Prozent natürlich und enthielten keinen Zucker. Einige von ihnen sind vegan.
Die Idee stammt aus dem Jahr 2015. Mitarbeiter der Firma reisten um die Welt und probierten überall allerlei Süßigkeiten, die sie jedoch nie gänzlich zufriedenstellten. So entstanden die „Energiebälle“ aus Schokolade, Früchten, Nüssen und Entgiftungsstoffen, die das Immunsystem stärken und für mehr Energie sorgen sollen. Jeder „Energieball“ wiegt 15 Gramm, wird einzeln verpackt und ist so bis zu sechs Monaten haltbar. Die Moskauer Fabrik stellt täglich etwa 20.000 solche „Energiebälle“ her.
Traditionelles aus Tula
Pastila, Sefir, Marmelade – all das sind traditionelle Süßspeisen aus dem russischen Ofen. In Berlin präsentiert sie die Firma „Belewskaja Pastila“ aus der Region Tula. Der Hauptbestandteil ihres Aushängeschild Pastila sind Äpfel aus Zentralrussland, dazugegeben werden Zucker und Eiweiß. Um diese luftigen Köstlichkeiten herzustellen, muss man die Äpfel klein reiben und das entstandene Apfelpüree mehrere Tage bei niedriger Temperatur in einem russischen Ofen trocknen.
Gutes Essen braucht guten Wein
„Die weißen und roten Weine aus dem Lefkada-Tal im Kreis Krymsk in der Region Krasnodar lassen wir neun bis 18 Monate in Halbfässern reifen“, erzählt Anastasia Samilowa, die Marketingmanagerin der Firma „Nikolaev and Sons“ am Messestand der russischen Weinsorten. Hier stellen sich die Unternehmen „Lefkadia“ aus den Bergen von Kuban und „Chateau Taman“ aus dem altertümlichen Taman dem deutschen und internationalen Publikum vor. Samilowa beschreibt die besonderen Charaktereigenschaften der südrussischen Weine als „intellektuell, kompakt und herb“.
Laut den russischen Winzern ist Russland ein großes Feld für Experimente. Das gefällt vor allem den Franzosen, weil selbst der berühmte französische „Merlot“ auf russischem Boden anders ausfällt. Lefkadia besitzt zwei Fabriken, insgesamt produzieren sie rund 5,5 Millionen Flaschen des russischen Premiumweins pro Jahr.
Die Russische Küche entdecken
Ein besonderes Highlight des russischen Beitrags zur diesjährigen „Grünen Woche“ in Berlin war das Gastronomie-Festival „Discover Russian Cuisine“. Russland- und weltweit bekannte Köche boten hier öffentliche Vorträge und Koch-Shows, Workshops und Verkostungen an, wobei hier vor allem ihre eigenen regionalen Produkte wie Fisch aus Jakutien und Ente aus Rostow, hausgemachter Käse, Honig sowie Waldbeeren und Steinpilze aus den heimischen Wäldern in ausgefallenen Variationen präsentiert wurden.
„Das Festival fand in einer sehr warmen, angenehmen Atmosphäre statt“, lobt am Ende Narine Bagmanjan, Chefin der russischen „Asti-Group“, die das Festival gemeinsam mit Russlands Landwirtschaftsministerium und dem Russischen Exportzentrum auf die Beine gestellt hatte. „Unsere Leute haben die Vorstellungen über Russland und dessen nationale Küche auf den Kopf gestellt.“ Die Besucher des russischen Stands der „Grünen Woche“ 2018 in Berlin seien geradezu „schockiert“ gewesen, so Bagmanjan. „Es stellt sich heraus, die Russische Küche ist richtig toll!“
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