Von einer Zarenzeitung bis Sprachrohr der Bolschewiki: Vier Printmedien, die Russland veränderten

Alexander Makarow/Sputnik
Historisch haben Zeitungen und Zeitschriften in Russland eine entscheidende Rolle gespielt.

1 „Wedomosti“

Wedomosti, was so viel wie Nachrichten bedeutet, war die erste russische Zeitung, die Peter der Große ins Leben gerufen hat. Der Grund für die Gründung einer Zeitung war der andauernde Nordische Krieg von 1700 bis 1721, den Peter der Erste mit Schweden geführt hatte, um Zugang zur Ostsee zu erhalten.

Der Kriegsanfang war nicht erfolgreich wie erhofft, deshalb wollte der Zar dem Volk erklären, warum es wichtig ist, den Krieg weiterzuführen. Mithilfe der Zeitung wollte er einige seiner extremen Maßnahmen rechtfertigen, wie das Einschmelzen von Kirchenglocken zu Kanonen.

Peter selbst schenkte der Zeitung viel Aufmerksamkeit, arbeitete manchmal als Chefredakteur, korrigierte Beiträge und schlug Themen vor. Um die Leserschaft anzukurbeln, ordnete der Zar an, die Zeitung in Kneipen kostenlos zu verbreiten.

Man sagt, als die erste Ausgabe von Wedomosti veröffentlicht wurde, begann der Zar,  sie seinen Höflingen begeistert zu zeigen. Sie war klein und sah nicht besonders eindrucksvoll aus. Einer der Adeligen sagte, er habe in Deutschland eine viel Bessere gesehen. Peter wurde wütend und sagte ihm, „man soll kleine Dinge schätzen und dann werden die größeren kommen.“

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2 „Sowremennik“

Die Mitarbeiter von

Wahrscheinlich hat keine andere Zeitschrift in Russland das literarische und soziale Leben des Landes so beeinflusst, wie Sowremennik, zu Deutsch der Zeitgenosse bedeutet. 1836 von Alexander Puschkin gegründet, veröffentlichte die Zeitschrift die ersten Werke von Iwan Turgenew und Fjodor Dostojewski.

Es war „Sowremennik“, die Leo Tolstoi entdeckte. Der 24-jährige zukünftige berühmte Schriftsteller schrieb in der Notiz, die er seiner Erzählung „Kindheit“ beigefügte „… Ich erwarte Ihr Urteil mit Ungeduld. Entweder werde ich ermutigt, mit meiner Lieblingsbeschäftigung fortzufahren, oder zu zwingen, alles zu verbrennen, was ich bereits getan habe…“.

In den späten 1850er Jahren verließen Turgenew und Tolstoi die Zeitschrift, als sie sich zu einem Lautsprecher für radikale soziale und politische Ideen entwickelte. Die Reformen der Zaren Alexander dem Zweiten brachten Russland auf den Weg einer schnellen Modernisierung, was das soziale und politische Leben des Landes beispiellos voranbrachte.

Die Zeitschrift veröffentlichte dann Artikel, die als Aufruf zur Revolution hätten angesehen werden können. Der berühmte Roman von Nikolai Tschernyschewski „Was tun?“, ein Manifest der russischen revolutionären Jugend, wurde erstmals 1863 in der Sowremennik veröffentlicht. Zensoren erlaubten die Veröffentlichung aus Versehen, und das nächste Mal erschien dieser Roman in Russland nach über 40 Jahren. Die Geduld der Behörden in Bezug auf die Zeitschrift erreichte bald ihre Grenzen und sie wurde auf Anordnung des Zaren geschlossen.

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3 „Kolokol“

Alexander Herzen und die erste Seite der ersten Ausgabe von

In den späten 1850er Jahren nachdem der radikale russische Denker und Schriftsteller Alexander Herzen aus Russland auswanderte, gründet er die Zeitung Kolokol, die „Glocke“.

Später als erste revolutionäre russische Zeitung bezeichnet, wurde Kolokol wegen ihrer kritischen Haltung gegenüber der Politik des Zaren in London veröffentlicht und dann illegal in Russland verbreitet. Die Zeitung wurde schnell populär, weil dort veröffentlichte Beiträge die brennenden Probleme der Zeit ansprachen. Ihre Auflagenzahl war vergleichbar mit der von offiziellen russischen Zeitungen.

Kolokol gelang es, einige vertrauliche Informationen von russischen Regierungsmitgliedern zu erhalten. Die Zeitung entlarvte korrupte Beamte und offenbarte Missetaten. Der Zar Alexander der Zweite gehörte zur Leserschaft von Kolokol. Man erzählt, dass er bei einigen Ministertreffen einem Beamten, der einen Bericht übermittelte, sagen konnte, dass er davon bereits aus der Zeitung erfahren hatte.

Als die Zeitung jedoch 1863 den Aufstand in Polen unterstützte, dessen Territorien nach der Teilung Polens im späten 18. Jahrhundert zwischen Russland, Preußen und Österreich ins Russische Reich einbezogen wurden, wandte sich ein großer Teil der russischen liberalen Öffentlichkeit von der Zeitung ab. Bald starb das Projekt.

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4 „Prawda“

1912 als bolschewistische legale Massenzeitung für Arbeiter gegründet, war Prawda, „die Wahrheit“, 75 Jahre lang die wichtigste Zeitung der Sowjetunion. In den ersten Jahren ihres Bestehens lieferte der Anführer Wladimir Lenin seine Hauptbeiträge: er veröffentlichte hier fast 300 Artikel.

Ihre Monopolstellung unter anderen Printmedien erlangte die Zeitung kurz nach der Revolution im Oktober 1917, als die gesamte „reaktionäre“ Presse abgesägt wurde und man nur zu den Medien Zugang hatte, die von den Bolschewiki genehmigt wurden.

In der Stalinzeit waren die Artikel von Prawda der Regierungsentscheidungen nahezu gleichwertig. Nach den Veröffentlichungen in der führenden sowjetischen Zeitung wurden häufig einige staatliche Kampagnen gestartet.

Es gibt eine Geschichte, die aber nicht unbedingt wahr ist und diese besagt, das Image der Prawda in der Sowjetunion widerspiegelt. Als die Zeitung über Stachanows Rekord in der Kohlegewinnung schrieb, der in einer Schicht arbeitete, die die gültige Arbeitsnorm um das 13-Fache übertraf, nannte sie den Bergmann Alexej statt Andrej.

Als Stalin über den Vorfall informiert wurde, sagte er, dass „Prawda keine Fehler machen kann.“ Der nun landesweit berühmte Bergmann, deren Nachname der gesamten Bewegung zur Steigerung der Arbeitsproduktivität in der Sowjetunion gegeben wurde, erhielt am nächsten Tag einen neuen Pass mit einem neuen Namen.  

Die Prawda wird noch heute als das offizielle Printorgan der Kommunistischen Partei Russlands veröffentlicht.

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