Welche Länder haben Russland erobern können, welche bissen sich die Zähne aus?

Natalya Nosova
Nur ein Staat konnte Russland jemals wirklich unterwerfen.

Über die Jahrhunderte hinweg hat es viele Versuche gegeben, Russland zu erobern. Die meisten waren vergeblich.  

  1. Die Mongolen

Um 1220/1230 fielen mongolische Krieger unter der Führung von Batu Khan (einem Enkel von Dschingis Khan) in die Länder der alten Rus ein. Ihre Zahl lag zwischen 300.000 und 600.000. Die russischen Verteidiger waren gegen diese Übermacht chancenlos.  

Die russischen Fürsten waren zerstritten und rivalisierten um den Kiewer Thron. Das schwächte die Rus zusätzlich. In den Jahren 1237-1238 wurden Moskau und Wladimir, einst mächtige Städte in Zentralrussland, von den Mongolen erst belagert und dann eigenommen. Plünderungen waren an der Tagesordnung. Die Bevölkerungszahl der alten Rus schrumpfte. 

1240 eroberte Batu Khan Kiew. Die russischen Fürsten mussten sich den tatarisch-mongolischen Khans unterwerfen und ihnen von da an Tribut zollen. 

1380 besiegte der Moskauer Prinz Dmitri Donskoi die Tataren in der Schlacht von Kulikowo. Einhundert Jahre später, 1480, endete das tatarische Joch unter der Herrschaft von Großfürst Iwan III. von Moskau.

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  1. Litauen

Litauisches Gebiet grenzte im Laufe der Geschichte immer wieder an das russische Territorium. Im 12. Jahrhundert mussten die Litauer den russischen Fürsten Tribut zollen. 

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts rückte Litauen verstärkt nach Russland vor und eroberte Smolensk, was es später jedoch wieder verlor. Etwa um 1240 entstand das Großherzogtum Litauen, das sich regelmäßig im Krieg gegen russische Herzogtümer befand. 

In den Jahren 1368 und 1370 belagerte die litauische Armee Moskau. 1402 nahm Litauen mit Unterstützung Polens erneut Smolensk ein und konnte es bis 1522 halten. Während der Regierungszeit von Iwan dem Schrecklichen (1533-1584) führte das Zarenreich einen zermürbenden Krieg gegen Litauen, die Livländische Konföderation, Polen, Schweden und Dänemark. Dieser „Livländische Krieg“ endete mit einer herben Niederlage für Russland, das alle territorialen Zugewinne aufgeben musste. 1569 wurde die Polnisch-Litauische Union, eine neue Supermacht, gegründet.  

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  1. Die Polnisch-Litauische Union 

Die Geschichte der neuen Supermacht, auf Polnisch „Rzeczpospolita“ (zu Deutsch „Republik“) genannt, begann mit erfolgreich geführten Kriegen gegen Russland. In den Jahren 1609-1618, während der Zeit der Wirren (Smuta: eine Zeit der großen politischen und dynastischen Krise), fiel die Union in Russland ein. Die polnische Armee eroberte erst Smolensk und dann Moskau. Sie verschanzte sich im Kreml, bis sie von der Zweiten Freiwilligenarmee von Minin und Poscharski vertrieben werden konnte. 

In den Jahren 1617/1618 überstand Russland erfolgreich einen weiteren Angriff der Unionstruppen. Die Kriege setzten sich im 17. Jahrhundert fort. Russland gelang es schließlich, Kiew und Smolensk zurück zu erobern.  

Im weiteren Verlauf der kriegerischen Auseinandersetzungen von Russland mit Polen im 18. Jahrhundert, wurde der polnische Staat zwischen Russland, Preußen und Österreich aufgeteilt. 

Später fielen die Polen wieder in Russland ein, als Teil der napoleonischen Armee. Polen wurde später ein Gouvernement des russischen Reiches. Die Polen sahen sich als besetztes Land und begehrten häufig gegen Russland auf. In den Jahren 1918-1921 bekämpfte Polen das sowjetische Russland. Die Auseinandersetzung endetet mit der Festschreibung der polnisch-sowjetischen Grenze, die in etwa dem Verlauf der Grenze im 17. Jahrhundert folgte 

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  1. Schweden

Seit dem 11. Jahrhundert führten schwedische Könige Krieg gegen die Nowgoroder Republik, einen russischen Stadtstaat, aber nicht gegen Russland als Ganzes. Als Iwan der Schreckliche Nowgorod zu einem Teil Russlands machte, wurde Schweden zum erbitterten Feind. Immer wieder versuchten die Skandinavier die heutige Region St. Petersburg zu erobern. Damals hieß diese Gegend Ingira-Land.   

Ingira-Land war zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert mal russisch, mal schwedisch. Unter Peter dem Großen eskalierte der Konflikt. Das Thema des Großen Nordischen Krieges (1700–1721) war die Ostsee und ihre angrenzenden Gebiete und Ländereien. Die Schweden marschierten in Russland ein, wurden aber in der Schlacht von Poltawa (1709) geschlagen. Im Jahre 1718 wurde der schwedische König Karl XII. getötet, was die Schweden so schwächte, dass sie viel von ihrer Macht einbüßten.

Nach dem Vertrag von Nystad erlangte Russland 1721 den Zugang zu Estland, Livland, Ingria und Südostfinnland. Während des Krieges wurde St. Petersburg gegründet und 1721 wurde Peter der Große russischer Kaiser. Schweden behielt jedoch den größten Teil des finnischen Territoriums, und zwar bis 1809. Damals verbündeten sich die Schweden mit dem napoleonischen Frankreich und drohten, den Zugang zur Ostsee für Russland zu blockieren. Unter Alexander I. eroberte die russische Armee Finnland und machte daraus ein Gouvernement des Russischen Reiches.

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  1. Frankreich 

Napoleon Bonapartes Großmachtbestrebungen kollidierten irgendwann mit russischen Interessen. Zunächst besiegte Napoleon 1805 in der Schlacht von Austerlitz die russische Armee. Danach fuhr er fort, sein „kontinentales System“ zu schaffen, weitere europäische Staaten zu unterwerfen und Marionettenregierungen einzusetzen, die nach seinem Drehbuch spielten. 

Im Jahr 1808 schloss Napoleon Frieden mit Russland. Nach mehrjähriger Vorbereitung kam es 1812 erneut zum Krieg. Die europäisch-französische Armee zählte beim Einmarsch in Russland im Juni 1812 ungefähr 600.000 Mann, denen zu Beginn des Krieges rund 400.000 russische Soldaten gegenüberstanden (deren Zahl im Verlauf jedoch stieg). Der Heimvorteil war auf Seiten der Russen.

Bereits im Oktober 1812 hatten Napoleons Truppen Moskau erobert. Doch dem französischen Herrscher war bewusst, dass er im Grunde selbst der Gefangene war: im Feindesland´, ohne Vorräte und Unterkünfte und das vor dem Winter. Nach drei erfolglosen Versuchen, einen Friedensvertrag zu schließen, zog sich Napoleons Armee zurück. Die russische Armee und russische Partisanen zerschlugen die Franzosen vollständig. Russland eroberte alle verlorenen Gebiete zurück und trieb Napoleons Mannen bis nach Paris. Dies war das Ende von Napoleons Reich. 

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  1. Das osmanische Reich (Türkei) 

Die Schlacht von Navarino

Das russische Reich und die Türkei befanden sich insgesamt 69 Jahre im Krieg. Konflikte gab es zwischen 1568-1918, 350 Jahre lang, regelmäßig. Es gab zwölf große russisch-türkische Kriege, von denen Russland sieben gewann und drei verlor. In zwei Fällen gab es keine Sieger oder Verlierer. 

Bei den Kriegen ging es vor allem um die Kontrolle des nördlichen Schwarzmeerraums, des Nordkaukasus und der türkischen Meerengen. Während der meisten Konflikte eroberte die Türkei kein russisches Territorium, zu sehr musste man sich auf die Verteidigung konzentrieren. Erst im Jahr 1678 gelang es den Türken, Tschyhyryn, die Hauptstadt des Kosakenstaates, einzunehmen, die sie plünderten und zerstörten.  

Russland wurde nach dem Orientkrieg von seinen vereinten Feinden (Frankreich, Großbritannien, Österreich und Preußen) unter Druck gesetzt, früher eroberte türkische Gebiete, einschließlich der Festung und der Region Kars, an die Türkei zurückzugeben. Einige dieser Gebiete wurden jedoch später nach dem russisch-türkischen Krieg von 1877 bis 1878 erneut erobert und nach dem Krieg zwischen Sowjetrussland und der Türkei von 1918 bis 1921 wieder zurückgegeben.

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