Fünf Situationen, in denen Russland kurz vor dem Untergang stand

Wladimir Wjatkin/Sputnik, Legion Media
Russland führte viele Kriege und erlebte zahlreiche Eroberungsversuche. Gleich fünfmal war Russland nur eine Handbreit entfernt vom Untergang.

Das noch junge Moskauer Zarenreich, unter diesem Namen gegründet im 15./16. Jahrhundert, geriet schnell in seine erste existentielle politische Krise.  

1. Die Zeit der Wirren und die polnische Invasion 

Nachdem Fjodor I. von Russland, der Sohn Iwan des Schrecklichen, 1598 ohne einen Erben hinterlassen zu haben starb, war die Dynastie der Rurikiden vorbei. Ein legitimer Nachfolger war nicht in Sicht. 

„Beim Mjasnizki-Tor der Bely Gorod im 17. Jahrhundert“ von Apollinarij Wasnezow

Die Macht übernahm schließlich Boris Godunow, der Bruder von Fjodors Gemahlin Irina, doch sein Einfluss war begrenzt. Russland wurde von einer großen Hungersnot heimgesucht und zahlreiche Aufstände erschütterten das Land. Im Jahr 1605, als Godunow verstarb, begann die Zeit der Wirren mit wechselnden Herrschern. Darunter waren zwei Hochstapler, die sich als Iwans ermordeter Sohn Dmitri ausgaben und Wassili IV. Shuiski von Russland, der 1606-1610 regierte und von der Regierung der Sieben Bojaren abgesetzt wurde.

Porträt von Władysław IV. Wasa von Peter Paul Rubens, 1624

Diese holten die Polen nach Moskau, die Wladislaw IV. Wasa, Sohn des polnischen Königs Sigismund III. Wasa, zum russischen Herrscher machen wollten. Plan der Polen war es, dass Russland nicht Teil der polnisch-litauischen Union sein sollte, sondern bloß ein Satellitenstaat. Das hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit für Russland den Verlust der Souveränität bedeutet. 

Doch zum Glück traten Kusma Minin und Fürst Dmitri Poscharski auf den Plan und befreiten Moskau von den polnischen Invasoren. Die Monarchie wurde wieder eingeführt und Michail Fjodorowitsch Romanow zum neuen Zaren gewählt.  

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2. Das späte 17. Jahrhundert

Vischer's Panorama von London

Im 17. Jahrhundert annektierte Russland die Ukraine und hatte dadurch eine gemeinsame Grenze mit dem Osmanischen Reich.  Dies forderte Russland auf, sich der antitürkischen europäischen Koalition anzuschließen. Russland musste seinen isolationistischen Ansatz in der Außenpolitik aufgeben. 

Es wurde deutlich, dass das Land im Vergleich zu den europäischen Ländern eher unterentwickelt war. Es hatte zwar alle Möglichkeiten, sich zum Imperium zu entwickeln, das mit Europa mithalten könnte, doch der amtierende Zar Alexei regierte traditionalistisch. Seine Beamten bremsten die Weiterentwicklung des Landes. Das Militär war nicht schlagkräftig und der wirtschaftliche Fortschritt wurde nicht gefördert. Raskol, die Spaltung der russisch-orthodoxen Kirche in eine offizielle Kirche und die Altgläubigenbewegung, teilte zudem die Nation. Aufstände und Unruhen erschütterten das Land. Besonders heftig war der Rasin-Bauernkrieg. Fast wäre es aufständischen Don Kosaken gelungen, Moskau zu erobern. 

Porträt des russischen Zaren Peter I. von Godfrey Kneller, 1698

Ohne Alexeis Sohn Peter den Großen, darin stimmen die Historiker weitgehend überein, hätte sich Russland im Krieg gegen die starke Armee Karls XII. von Schweden nicht behaupten können. Zwar weiß man nicht, welche Pläne der Schwedenkönig im Falle seines Sieges umgesetzt hätte, doch Moskau zu erobern stand definitiv auf seiner Liste. Durch Peters Innen- und Außenpolitik und mit Unterstützung einiger europäischer Staaten gelang es Russland, sich nicht nur aus der Krise zu befreien, sondern ab 1721 ein Imperium zu werden. 

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3. Die napoleonische Invasion

Für Napoleon waren die Briten der größte Feind Frankreichs. Großbritannien beherrschte damals die Weltmeere. Um die Briten zu schwächen, verhängte Napoleon für alle europäischen Staaten ein Einfuhrverbot für britische Waren, die sogenannte Kontinentalblockade. Nur Russland hielt sich nicht daran. 

Der französische Feldherr plante, das russische Imperium von 1811 an in einem Zeitraum von fünf Jahren zu erobern. Er wollte keinen politischen Umsturz, sondern Russland nur zum Satellitenstaat machen, wie er es bereits mit vielen anderen europäischen Ländern getan hatte.  

„Rückzug Napoleons aus Russland“ von Adolf Norten

Mit einer starken Armee von 600 000 Mann marschierte Napoleon durch Russland und nahm Moskau ein, wo es für ihn jedoch nichts mehr zu erobern gab. Ein heftiger Guerillakrieg gegen die Franzosen begann, denen Munition und Lebensmittel ausgingen. Ihre Versorgungslinien drohten ständig zusammenzubrechen. Die russische Armee wartete nur auf eine Gelegenheit zurückzuschlagen. Gefangen im niedergebrannten Moskau versuchte Napoleon vergeblich, Frieden auszuhandeln. Schließlich mussten die Franzosen aus der Stadt fliehen. 

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4. Die Revolutionen zwischen 1917 und 1918 

In den Jahren 1917 und 1918 war Russlands Souveränität ähnlich gefährdet wie zur Zeit der Wirren. Es gab zwar keine Invasoren, die Moskau oder Sankt Petersburg bedrohten, doch nach der Ermordung der russischen Herrscherfamilie starteten 14 ausländische Staaten eine Offensive gegen Russland. Sie besetzten Gebiete im Norden, im Fernen Osten und auf der Krim.

Ausländische Truppen in Wladiwostok im September 1919

Ein Eroberungsplan schien nicht dahinter zu stecken. Offenbar wollten die Ausländer abwarten, wie der russische Bürgerkrieg zwischen Bolschewiken und monarchistischen Kräften, die auf eine Niederlage der Bolschewiken hofften und die Romanows wieder an die Macht bringen wollten, ausgehen würde.

Wäre es so gekommen, wäre Russland womöglich im Chaos versunken und hätte seine Souveränität aufgeben müssen. Doch die Bolschewiken setzten sich gegen die Weiße Armee durch. Sie führten den Bürgerkrieg unbarmherzig und grausam. Der neue Staat, die UdSSR, war bereits im Aufbau. 

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5. Der Zweite Weltkrieg

Adolf Hitler

Im Gegensatz zu Napoleon, der vorhatte, einen eigenen König nach Russland zu entsenden und das Land Tribut zollen zu lassen und dort Soldaten für seine Armee zu rekrutieren, plante Adolf Hitler den Völkermord an den Russen und eine ethnische Säuberung des Landes. Sein monströser „Generalplan Ost” sah vor, solche Bürger, die nicht Hitlers Rassenideologie entsprachen, nach Sibirien, Fernost und Lateinamerika zu deportieren. Millionen sollten ihr Leben in den Vernichtungslagern lassen.

Im Verlauf des Krieges begingen die Nazis viele schreckliche Gräueltaten an Bürgern der UdSSR. Viele Menschen wurden als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt, Tausende wurden hingerichtet. Die UdSSR hatte über 27 Millionen Kriegstote zu betrauern, es gab Millionen Verwundete und Versehrte. Doch letztlich schaffte es das Land, die Nationalsozialisten zu besiegen. 

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