Sechs Geschichten über die Persönlichkeit russischer Zaren

Kira Lisitskaja (Foto: Windsor Castle; kokouu/Getty Images)
Keine der Anekdoten und Geschichten hier ist eindeutig belegt, aber sie alle beweisen, dass auch Zaren nur Menschen sind.

Peter der Große

Peter I von Walentin Serow, 1907. Staatliche Tretjakow-Galerie.

Peter der Große erledigte alles schnell - er ging schnell, dachte schnell und war in der Regel sehr früh auf. Als ein neuer preußischer Gesandter nach St. Petersburg geschickt wurde, lud Peter ihn um 4 Uhr morgens zu einer Audienz an seinen Hof ein. Aber der Botschafter kam eine Stunde zu spät, nämlich um 5 Uhr, als der Kaiser bereits abgereist war, um die Schiffsarbeiten in der Admiralität zu beaufsichtigen. Der Gesandte war gezwungen, ebenfalls dorthin zu gehen, da er sehr dringende Angelegenheiten zu besprechen hatte.

Als der Abgesandte in der Admiralität eintraf, befand sich Peter oben auf dem Mast eines im Bau befindlichen Schiffes. „Wenn er es nicht geschafft hat, mich zur festgesetzten Stunde in der Audienzhalle zu treffen, soll er dafür sorgen, dass er hier hoch kommt", sagte Peter. Und so blieb dem Abgesandten nichts anderes übrig, als die Strickleiter hinaufzusteigen und sich bei Peter zu melden, der auf einem wackelnden Mast saß.

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Katharina die Große

Katharina II. war bekannt für ihre stoische Haltung. Einmal bat sie während eines Abendessens am Hof Wassili Tschitschagow, einen erfahrenen Marinekommandanten, Kriegsgeschichten zu erzählen. Tschitschagow begann enthusiastisch, dann ließ er sich hinreißen, begann zu schreien, mit den Händen zu fuchteln und benutzte eine Menge grober Obszönitäten, die unter Seeleuten üblich waren.

Erst durch die erstaunten Blicke in den Gesichtern der anderen anwesenden Höflinge begriff Tschitschagow, was er getan hatte. Er bat die Kaiserin um Verzeihung, dass er in ihrer Gegenwart solche Worte benutzte, worauf sie antwortete: „Schon gut, fahren Sie bitte fort, ich verstehe Ihre Seemannssprache sowieso nicht!"

Einmal spielte Katharina mit dem Grafen Alexander Stroganow Karten. Stroganow verlor schlecht und stand schließlich wütend auf, warf sein Blatt auf den Tisch und sagte wütend zur Kaiserin: „Es ist unmöglich, mit Ihnen zu spielen! Sie können verlieren, so viel Sie wollen, Sie haben unendlich viel Kredit. Können Sie sich in meine Lage hineinversetzen?“ General Nikolai Archarow, der ebenfalls am Tisch saß, begann Stroganow zu tadeln, weil er die Kaiserin angeschrien hatte, was völlig inakzeptabel war. „Beruhigen Sie sich, Nikolai Petrowitsch", sagte Katharina zu dem General, „ich spiele seit 50 Jahren mit Stroganow Karten und das passiert jedes Mal."

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Alexander I.

Porträt von Alexander I., Kaiser von Russland von Thomas Lawrence.

Kaiser Alexander war ein sehr zurückhaltender und manchmal unsicherer Mann. Er verbot seinen Untertanen zum Beispiel, bei Hofe eine Brille zu tragen, weil Alexander selbst schlecht sah und sich irgendwie beleidigt fühlte, wenn andere in seiner Gegenwart besser sehen konnten. Warum trug er selbst keine Brille? Er fand, dass sie ihn älter aussehen ließ.

Hin und wieder spielte Alexander sich selbst einen Streich. Einmal, während der militärischen Ausbildung, schickte er den Fürsten Pjotr Lopuchin, einen sehr gut aussehenden, aber etwas dümmlichen jungen Mann, damit er eine Nachricht von einem Regiment überbrachte. Als Lopuchin zurück war und dem Kaiser Bericht erstattete, begriff Alexander, dass der junge Fürst gar nichts verstanden hatte. „Ich bin ein noch größerer Narr", sagte er, „dass ich dich überhaupt geschickt habe.

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Nikolaus I.

Nikolaus I. von Franz Krüger

Während der Herrschaft von Nikolaus I. war jede Art von Beleidigung des Kaisers oder sogar seines Bildes eine Straftat. Einmal war ein Soldat namens Agafon Suleikin in einer Taverne sturzbetrunken  und spuckte gegen das an der Wand hängende Porträt des Kaisers. Der Fall wurde gemeldet und wurde Nikolaus I. bekannt.

Statt den armen Soldaten nach Sibirien zu schicken, ordnete Nikolaus I. an: „Erklären Sie Agafon Suleikin vor seinem ganzen Regiment, dass ich ihn auch angespuckt habe. Und da dieser unglückliche Säufer nicht wusste, was er tat, erkläre ich den Fall für erledigt. Außerdem ist das Aufhängen von Porträts des Kaisers in Tavernen von nun an verboten."

Alexander III.

Kaiser Alexander III., von Iwan Kramskoi, 1883. Staatliches Historisches Museum.

Alexander III. war ein wenig unglücklich darüber, dass er, der russische Zar, deutschstämmig war und sogar Russisch mit deutschem Akzent sprach. Einmal hörte er ein Gerücht, dass schon seit langem bei Hofe die Rund machte: Paul I., sein Urgroßvater, sei durch die Affäre seiner Mutter Katharina II. mit dem Grafen Sergej Saltykow (1726-1765) entstanden, weil ihr Mann Peter III. wohl impotent war.

Als Alexander III. Kaiser wurde, fragte er seine Minister am Hof, ob das Gerücht wahr sei. „Ja, in der Tat!", sagten einige von ihnen. „Gott sei Dank, dann habe ich wenigstens etwas russisches Blut in den Adern!", antwortete der Kaiser. 

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Nikolaus II.

Kaiser Nikolaus II. und Kaiserin Alexandra Fjodorowna auf der Nischni Nowgorod Messe, 1896.

Kaiser Nikolaus II. fehlte manchmal der Bezug zum wahren Leben. Eine Anekdote besagt, dass er einmal im Wald spazieren ging und ein seltsames, wiederkehrendes Geräusch hörte. „Was ist das für ein Geräusch?", fragte er jemanden in seinem Gefolge. „Das ist der Gesang eines Kuckucks." „Komisch, dieser Vogel klingt wie eine Uhr in meinem Palast", bemerkte Nikolaus daraufhin.

Eine andere, ähnliche Geschichte, besagt, dass Nikolaus II. während seines Besuchs in Nischni Nowgorod im Jahr 1896 die Messe besuchte, auf der die neueste landwirtschaftliche Erfindung - Kunstdünger - vorgestellt wurde. Nikolaus II. billigte die Technologie, bemerkte aber: „Nun, um Kunstdünger zu produzieren, brauchen die Kühe aber doch künstliches Heu, nicht wahr?"

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