Im Dezember 2016 rief Russlands Botschafter in Argentinien, Viktor Koronelli, das argentinische Sicherheitsministerium mit einem ungewöhnlichen Anliegen (rus) an. Eine verdächtige Koste war in der Botschaft aufgetaucht, adressiert an Russland. Die Behörden ließen daraufhin alle 12 gefundenen Koffer öffnen und stellten insgesamt 389 Kilogramm Kokain sicher. Mit anderen Worten (rus): Drogen im Wert von rund 61 Millionen Dollar.
Argentinien und Russland begannen nun daraufhin, gemeinsam zu ermitteln. Die Untersuchungsergebnisse jedoch lassen sich erst über ein Jahr später langsam entwirren: Erst Februar dieses Jahres wurden so sechs Personen verhaftet, darunter ein ehemaliger Mitarbeiter der Botschaft und ein argentinischer Polizeibeamter mit russischen Wurzeln. Aber selbst das jedoch ist nur die Spitze des Eisbergs.
Medienberichten (rus) zufolge ersetzten die Sicherheitsbeamten dann das Kokain durch Mehl und bestückten die Koffer mit GPS-Sendern, um die weitere Schmuggelstrecke mitverfolgen zu können. Viele Details der Aktion sind noch immer unbekannt, weil sie entweder noch nicht ermittelt oder als Verschlusssache behandelt werden. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, teilte nur mit (rus), dass die Gepäckstücke „einem Mitarbeiter des technischen Personals der Botschaft“, also keinem Diplomaten, gehörte. Mittlerweile sei der Mann jedoch bereits aus Argentinien ausgereist.
Die Darstellungen der argentinischen Medien, wonach das Kokain als Diplomatengepäck, das beim Grenzübertritt nicht geöffnet und kontrolliert werden darf, nach Russland transportiert werden sollte, seien nicht korrekt, so Sacharowa weiter. „Das technische Personal hat keinen Zugang zum Diplomatengepäck“, so die Ministeriumssprecherin. Weiter lobte sie die gute Zusammenarbeit Argentiniens mit Russland in dem Fall.
Russlands Botschafter in Argentinien: Viktor Koronelli
Anton Welikschanin/SputnikSacharow nannte zwar keinen Namen, wer der ominöse Ex-Mitarbeiter sein könnte, argentinische Nachrichtenportale jedoch schrieben (rus) von einem gewissen Ali Abjanow. Er soll die Koffer am 22. Februar 2018 – ein Jahr, nachdem die Sicherheitsdienste das Kokain gefunden hatten – in Russland erhalten haben. Er und zwei weitere Männer wurden sofort (rus) verhaftet.
Die argentinische Tageszeitung “Clarin” veröffentlichte (span) kurz darauf Aufnahmen eines Gesprächs zwischen Blizniouk und de, Drogendealer Alexander Chikalo in Buenos Aires. In jenem erwähnten die beiden jedoch noch einen weiteren Beteiligten an dem Schmugglerring, einen gewissen „Herrn K.“. Laut Clarin soll K. ein Geschäftsmann sein, der die Schmuggler mit einem Diplomatenauto hatte ausstatten sollen, um die Koffer an den Kontrollen vorbei zum Flughafen zu bekommen. Dieser Plan jedoch scheiterte, weil sich Herr K. offenbar mit dem Botschafter Koronelli verstritt.
Die Zeitung vermutete noch, hinter dem Pseudonym stecke ein gewisser Andrej Kowaltschuk, ein russischer Geschäftsmann, der in Deutschland lebe und hochwertigen Alkohol, Kaffee, Tabakwaren und Kaviar verkaufe. Von offizieller Stelle sind diese Theorien jedoch bislang weder bestätigt noch negiert worden.
In der ganzen Geschichte gibt es natürlich immer noch viele weiße Flecken. So schrieb beispielsweise der „Telegraph“ (eng), der Direktor des russischen Inlandgeheimdienstes FSB, Nikolaj Petruschew, habe das durch Mehl ersetzte Kokain bei seinem Argentinienbesuch im Dezember 2017 nach Moskau gebracht. Die russische Seite, negierte diese Version (rus) und nannte sie „fantastisch“.
Die wichtigste Frage aber ist eben noch immer nicht beantwortet: Wie haben die Schmuggler ihren Stoff über Moskau nach Europa bringen wollen, wenn nicht über den Diplomatenkanal? Laut dem russischen Diplomaten und früheren Vize-Außenminister Georgik Kunadse (rus), bestehe manchmal durchaus die Möglichkeit, nicht-diplomatische Gepäckstücke als Diplomatengepäck zu transportieren – jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung der Botschaft mit einer bestimmten Organisation.
“Trotzdem, ein normaler Buchhalter (die Position hatte Ali Abjanow in der Botschaft – Anm. d. Red.) kann solche Dinge nicht durchführen“, so Kunadse. In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass die Schmuggler laut den Aufzeichnungen ihres Gesprächs jedoch bereits mehrere „Operationen“ erfolgreich durchgezogen hätten, stehen die Ermittlungen des ganzen Falls offenbar doch auch ein Jahr nach deren Beginn noch in den Kinderschuhen.
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