Russlands Online-Portal „The Bell“ hat unter Berufung auf anonyme Quellen bekannt gegeben, dass Huawei-CEO Guo Ping und der russische Kommunikationsminister Konstantin Noskow Gespräche geführt haben, in denen es darum ging, ob Huawei-Geräte zukünftig statt mit Android mit dem russischen Betriebssystem Aurora ausgestattet werden. Inzwischen habe China das russische System getestet. Dies könne bedeuten, dass zukünftig weitere Kooperationen im Bereich Chips und Betriebssysteme folgen werden.
Diese Meldung folgt auf die Ankündigung des Weißen Hauses, Huawei auf eine schwarze Liste zu setzen und Googles Zusammenarbeit mit dem chinesischen Smartphonegiganten zu beenden. Künftig wird es auch keine Android-Updates mehr für Huawei-Geräte geben.
Aurora ist ein Projekt, das vom größten russischen Netzanbieter Rostelekom gestartet wurde und auf dem in Finnland hergestellten Sailfish OS basiert. Jolla - das finnische Unternehmen hinter diesem Betriebssystem - wurde von ehemaligen Nokia-Angestellten gegründet. Im Jahr 2014 wurde Sailfish vom russischen Unternehmer Igor Bereskin gekauft und ging anschließend an Rostelekom. Anfang 2019 hat Rostelekom den Namen des Unternehmens geändert und das Betriebssystem überarbeitet.
Aurora war vor allem für Unternehmenskunden gedacht und unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht allzu sehr von anderen Betriebssystemen: Nutzer können ihre Kontakte verwalten, Anrufe tätigen und Textnachrichten versenden, Medien verwalten und Online-Inhalte durchsuchen. Laut einer Pressemitteilung von Rostelekom können die Unternehmen ihre Angestellten so jederzeit lokalisieren und die Geräte aus der Ferne steuern. Dies könnte unter anderem automatische Updates oder die Änderung von Passwörtern betreffen, Standortbestimmungen, aber womöglich auch den Zugriff auf Fotos und Videos.
Ein Wechsel zu der für Unternehmen konzipierten Version ist unwahrscheinlich. Doch bereits seit 2016 spricht Bereskin über die Entwicklung einer Version des Betriebssystems für private Nutzer. Was dies bedeuten wird, ist weiterhin unbekannt. Noch liegt auch keine offizielle Bestätigung von Aurora-Inhaber Rostelekom vor. Rostelekom hat erklärt, dass es „aktuell keine Informationen zu solch einer Initiative“ gebe. Man sei aber bereit, an einer Entwicklung mobiler Lösungen mitzuarbeiten.
Von Seiten Huaweis gab es keinen Kommentar.
Das russische Kommunikationsministerium gab sich gegenüber „Russia Beyond“ weniger zugeknöpft und erklärte, man habe sich „häufiger mit ausländischen Unternehmensvertretern“ getroffen und arbeite daran, „russische Entwickler auf dem internationalen Markt zu fördern”. Am Ende der Mitteilung wurde ein Zwinker-Emoji gesetzt. Maksim Akimow, stellvertretender Ministerpräsident Russlands, sagte im Juni zu Journalisten, dass Huawei „die Plattform für den Export russischer Technologien werden könnte“. Um welche Technologien es dabei gehe, hat er nicht gesagt.
Huawei arbeitet bereits seit einiger Zeit mit russischen Unternehmen an der Einführung des 5G-Standards. Auf dem internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg im Februar unterzeichnete das Unternehmen einen Vertrag mit dem russischen Mobilfunkanbieter MTS über die Entwicklung von 5G-Netzwerken in 2019/2020. Auch Tele2 hat einen entsprechenden Vertrag mit Huawei geschlossen. Tele2 soll bald ebenfalls von Rostelekom übernommen werden.
Huawei CEO Guo Ping (l) und MTS PJSC Präsident Alexei Kornja (r) bei der Unterzeichnung des gemeinsamen Deals als Ergebnis der russisch-chinesischen Verhandlungen
Sergei Gunejew/SputnikGanz so einfach ist es nicht. Es gilt, einige technische Hürden zu überwinden. 5G-Netzwerke erfordern eine bestimmte Frequenz. Das russische Verteidigungsministerium hat Bedenken und sieht die nationale Sicherheit gefährdet. In der Zwischenzeit wurden andere Frequenzen für Pilot- und Testläufe ausprobiert, jedoch nur in begrenztem Umfang und nur an wenigen Orten.
Offiziell heißt es, dass es in Moskau 5G-Testläufe geben soll. MTS hat bereits einen Vertrag mit der Moskauer Stadtregierung über die Einführung von 5G unterzeichnet, ebenso wie andere Netzbetreiber, darunter VimpelCom und Megafon. Dies ist im Wesentlichen eine positive Nachricht. Noch vor Jahresende könnte 5G testweise an ausgewählten Orten der russischen Hauptstadt verfügbar sein, unter anderem im Sarjadje-Park, in der Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft, in Sperlingsberge, in der Twerskaja Straße, in Skolkowo, im Olympiastadion Luschniki und in Moskau City. Voraussetzung ist natürlich der Besitz eines 5G-fähigen Smartphones.
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