Acht literarische Meisterwerke, die die Russen zu Russen erziehen

Kultur
JULIA SCHAMPOROWA
Einige Klassiker, die in russischen Schulen behandelt werden, spielen eine entscheidende Rolle für die kulturelle Identität des Landes. Russia Beyond präsentiert die wichtigsten dieser Werke.

„Verstand schafft Leiden” von Alexander Gribojedow

Nur ein Theaterstück, das der Diplomat und Dramatiker Alexander Gribojedow schrieb, sollte in die Geschichte der russischen Literatur eingehen: „Verstand schafft Leiden”. Die Monologe des Hauptdarstellers im Stück, Tschatzkij, werden in russischen Schulen noch heute auswendig gelernt. Die Komödie aus dem 19. Jahrhundert beschreibt den inneren Konflikt einer gebildeten Person, der sich der scheinheiligen Gesellschaft nicht anbiedern mag. Aufgrund der staatlichen Zensur wurde das 1824 fertiggestellte Stück erst 1833 offiziell veröffentlicht. Der Autor jedoch erlebte diesen Moment nicht mehr. Als russischer Botschafter in Persien wurde Gribojedow 1829 im Alter von 34 Jahren während anti-russischer Proteste in Teheran ermordet.

„Eugen Onegin“ von Alexander Puschkin

Der sicherlich hellste Stern am russischen Dichterhimmel war Alexander Puschkin, der das Genre des Versromans schuf, das insbesondere von seinem brillanten Stück „Eugen Onegin“ repräsentiert wird. Es ist die Geschichte einer unglücklichen Liebe zwischen Onegin, einem Lebemann, der das Leben satt hat, und Tatjana, einem anständigen Mädchen vom Land. Sie wartet darauf, dass ein Mann sich in sie verliebt, aber Onegin nimmt sie zunächst nicht ernst. Zurecht wird der Roman auch als Enzyklopädie des russischen 19. Jahrhunderts bezeichnet und bis heute gilt er vielen Russen jeden Alters als heilig. Zu den lebhaftesten Elementen des Buches zählen Tatjanas berühmter Brief an Onegin, die Beschreibungen Moskaus, die Worte über die natürliche Schönheit des Landes und des Autors Humor und Selbstironie.

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„Ein Held unserer Zeit“ von Michail Lermontow

Es ist die Geschichte von Grigorij Petschorin, einem russischen Offizier, der in der Kaukasus-Region reist und dient. Der Lebemann, der vom russischen Poeten und Autor Michail Lermontow geschaffen wurde, gesellt sich in die Reihe der „überflüssigen Männer“ der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts, die mit Puschkins Eugen Onegin begann. Der hochgebildete Aristokrat Petschorin ist zynisch, nihilistisch und melancholisch. Er verspürt keinen Sinn im Leben, spielt mit dem Tod und sieht andere Menschen als sein Material für gemeine Experimente und hedonistische Späße. In die Reihe der Onegins und Petschorins sollten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts noch viele weitere Charaktere dieses Schlages gesellen. Lermontow aber zählt gemeinsam mit Puschkin zu den größten russischen Dichtern der Geschichte.   

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„Die toten Seelen“ von Nikolai Gogol

„Die toten Seelen“ von Nikolai Gogol ist eines der kraftvollsten Werke der russischen Literatur des 19. Jahrhunderts. Der Autor aber verbrannte die Fortsetzung und starb bald darauf an seinen mentalen Erkrankungen. Die Geschichte handelt vom armen Nobelmann Pawel Tschitschikow, der das Land bereist, um Leibeigene zu kaufen, die jedoch nur noch auf dem Papier existieren. Diese Papiere nutzt er dann, um die Leibeigenen als Pfand für Kredite einzusetzen – obwohl diese gar nicht mehr leben. Mit diesen Krediten möchte er sich dann über alle Berge machen. Die Reisen Tschitschikows erforschen die Realität des Landlebens im 19. Jahrhundert und den Schlag der Menschen, die dort lebten.

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„Schuld und Sühne“ von Fjodor Dostojewski

Mit mehr als 25 Verfilmungen in aller Welt ist „Schuld und Sühne“ das wohl bekannteste Buch von Fjodor Dostojewski. Die Geschichte handelt vom moralischen Dilemma eines ehemaligen Studenten. Rodion Raskolnikow schlägt sich mit der Frage herum, ob er „eine zitternde Kreatur“ sei und „das Recht habe“, zu töten. Er vergleicht sich mit Napoleon und glaubt, dass gute Intentionen jedes Verbrechen rechtfertigten. Er ermordet eine alte Geldverleiherin und stellt sich aufgrund seines quälenden Gewissens schließlich der Polizei. Im heutigen Sankt Petersburg, dem Schauplatz des Romans, werden viele Stadttouren angeboten, die sich spezifisch dem Wirken Raskolnikows widmen.

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“Krieg und Frieden” von Leo Tolstoi

Es wird wohl nicht viele Russen geben, die es geschafft haben, alle vier Bände von „Krieg und Frieden“ zu lesen. Die ersten Seiten des Werkes wurden gar auf Französisch geschrieben. Dennoch aber kehrt nahezu jeder im höheren Alter zu dem Werk zurück. Einige ziehen die Zeilen über die Liebe vor, während andere besonders die Beschreibungen des Krieges gegen Napoleon von 1805 bis 1812 genießen. Zweifelsohne aber ist „Krieg und Frieden“ eines der bedeutendsten Bücher der Weltliteratur. Zu Zeiten der Sowjetunion war es das meistgedruckte Buch des Landes mit mehr als 360 Millionen Kopien in 312 Ausgaben.

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Kurzgeschichten von Anton Tschechow

Russische Schüler beginnen schon in den unteren Klassen damit, Kurzgeschichten von Tschechow zu lesen. Die wunderbare Geschichte „Kaschtanka“, die von der Liebe eines Hundes für seinen Herren erzählt, hat dabei schon unzählige Kinderherzen erwärmt. Amüsant, kurz, voller Humor, Ironie und Satire: Tschechows Geschichten wurden schon immer von Schülern und Erwachsenen gleichsam geliebt. Zu den bedeutendsten zählen „Jonytsch“, „Der Dicke und der Dünne“ und die „Kleine Trilogie“. Tschechows Dramen, „Die Möwe“, „Onkel Wanja“, „Drei Schwestern“ oder auch „Der Kirschgarten“, werden meist später, in den höheren Klassen, gelesen.

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„Der stille Don” von Michail Scholochow

Die Urheberschaft des Buches, für das Michail Scholochow 1965 den Literatur-Nobelpreis gewann, wird von Literaturkritikern bis heute debattiert. Einige sagen, es sei unmöglich, dass ein 22-Jähriger in diesem jungen Alter ein solches Werk habe verfassen können. Die handschriftlichen Entwürfe Scholochows sind dabei längst verloren gegangen, was angesichts der Bedeutung und Länge des Romans eher ungewöhnlich ist. Einige Experten behaupten, dass das Werk stattdessen von Fjodor Krjukow, einem Offizier der „Weißen Armee“, geschrieben wurde. Was auch immer die Wahrheit sein mag: Das Buch handelt vom Schicksal eines Donkosaken zu Zeiten der Russischen Revolution und ist eines der bedeutendsten Werke der russischen Literatur im 20. Jahrhundert.

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