Sechs frische Bücher für Ihre russische Sommer-Leseliste

Kennen Sie zeitgenössische russische Schriftsteller? Nein?! Dann legen Sie einmal „Anna Karenina“ beiseite und greifen Sie zu diesen spannenden neuen Werken.

Wenn wir uns ansehen, was russische Literatur ist, sehen wir, dass immer wieder hauptsächlich Neuveröffentlichungen und Übersetzungen von Tolstoi, Dostojewski und anderen klassischen Autoren verkauft und gelesen werden. Dasselbe gilt für die meisten Monographien zur russischen Geschichte: Die beliebtesten Themen sind Nikolaj II., die bolschewistische Revolution, der Zweite Weltkrieg und Stalin.

Werfen wir doch aber einmal einen Blick auf diejenigen mutigen Verleger, die keine Angst haben, zeitgenössische russische Romane zu veröffentlichen. Hier sind die sechs spannendsten Bücher, die Sie unbedingt in ihre Sommerlektüre einschließen sollten.

 1 Evgeny Vodolazkin: „Aviator“ („Der Flieger“)

Wenn Sie das vorherige Bestsellerbuch des Autors nicht gelesen haben, dann empfehlen wir Ihnen dieses! „Aviator“ ist die Lebensreise eines mittelalterlichen „Heiligen Narrens“.

In „Aviator“ wurde der Held im Solowki-Gulag-Camp versuchsweise eingefroren und in den 1990er Jahren aufgetaut. Er kommt ins heutige St. Petersburg und sieht, dass sich sogar die Gerüche verändert haben. Schließlich trifft er die Enkelin einer Frau, die er einmal sehr geliebt hat, und findet doch Ähnlichkeiten…

2 Mariam Petrosjan: „Das graue Haus“

Mit seinen 700 Seiten könnte dies eines der aufregendsten Bücher sein, die Sie je gelesen haben. Stellen Sie sich ein "sowjetisches Hogwarts" vor, eine Schule für behinderte Schüler, die vor mehr als 100 Jahren gegründet wurde und voller Geheimnisse steckt. Ein neuer Junge untersucht das Haus und entdeckt die dunklen, teils sogar blutigen Seiten seiner Geschichte. Es gibt sogar eine magische Unterseite zum Haus, eine parallele Welt.

„‘Das graue Haus‘ ist rätselhaft und phantastisch, komisch und postmodern, fehlerhaft, aber brillant…“, kommentierte Guardian-Kritiker Phoebe Taplin über das Werk.

3 Elena Chizhowa: „Zinnober-Püppchen“

Viele zeitgenössische russische Autoren blicken zurück auf jene Zeiten, recherchieren, analysieren und vergleichen sie mit dem Land heute. Die Schriftstellerin Elena Chizhowa schreibt in „Zinnober-Püppchen“ beispielsweise über Ermittler der Sowjetunion. Sie wendet sich ihrer Heimatstadt zu und erzählt die Geschichte eines Mädchens, das in einer englischen Schule studiert und durch die Erniedrigung der Lehrer leidet und sich in Shakespeares Schauspielstücke flüchtet.

4 Ludmilla Petruschewskaja: „Das Mädchen aus dem Hotel Metropol“  

Dieses Buch über eine Jugend in Sowjetrussland schrieb die bereits 80-jährige exzentrische Schriftstellerin Ludmila Petruschewskaja. Sie wurde einst in der Nähe des Moskauer Kremls geboren, im historischen Metropol Hotel, wo die Bolschewisten einst in einigen Zimmern wohnten. Sie verbrachte die ersten Jahre ihres Lebens in einem Raum mit Blick auf das Bolschoi-Theater.

Das Buch widmete sie ihrer Kindheit, Familie, den Legenden und den stalinistischen Säuberungen von 1937. In einer Mischung aus Memoiren und Fiktion wird klar, dass Petruschewskaja schon in jungen Jahren zu schreiben begann. So konnte sie nun Essays und Novellen zu verschiedenen Anlässen als Ersatz für ein Interview zusammenbringen.

5 Wladimir Scharow: Die Proben

Im Russland des 17. Jahrhunderts hält Patriarch Nikon, der in seinem Kloster Neu-Jerusalem unweit von Moskau lebt, sein Russland für das wahre Gelobte Land. Er will das Neue Testament und ein zweites Kommen Christi proben, aber die Schauspieler sind ganz normale Bauern, die dann durch ihre Kinder ersetzt werden – und so weiter über die nächsten 400 Jahre.

Wladimir Scharow spielt mit der Geschichte. Diese Erzählung wird von Kritikern sowohl mit Tolstois Realismus als auch Kafkas Absurd verglichen. Scharow betrachtet hier das Evangelium und die Vergangenheit Russlands aus einer besonderen philosophischen Perspektive.

6 Gusel Jachina: Suleika öffnet ihre Augen

Gusel Jachina:

Eine Frau in einem kleinen tatarischen Dorf. Mitten im Albtraum der 1930er Jahre. Sie wird Opfer des Drucks ihres Ehemannes und ihrer Schwiegermutter. Dann töten die Kommunisten ihren Mann und bringen sie selbst in ein Arbeitslager. Auf dem Weg dorthin ihr Gefängnis sinkt ihr Boot in der Mitte des Flusses Angara in Sibirien. Wer überlebt, gelangt in den dichten Taiga-Wald. Unter den schwierigen Bedingungen der Einöde entdeckt Suleika nicht nur ihre eigenen Talente, sondern bald auch eine neue Freiheit.

Jachinas Debüt-Roman war ein Bestseller in Russland und gewann viele Literaturpreise. Das Buch wurde in Dutzende Sprachen übersetzt, auch ins Deutsche.

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