Die Russen bezeichnen sich selbst gerne als ganz besonderes Volk. Es gibt sogar ein Sprichwort: „Was gut für einen Russen ist, bedeutet für einen Deutschen den Tod“ (Russen neigen dazu, alle Ausländer als Deutsche zu bezeichnen.) Wir haben uns auf die Suche gemacht, um herauszufinden, wieviel Wahrheit in diesem Spruch steckt und unsere nicht-russischen Leser gebeten, uns zu erzählen, welche typisch russischen Dinge und Gebräuche sie abschrecken.
Dill und Konsorten
Die meisten Leser empfinden den in der russischen Küche allgegenwärtigen Dill buchstäblich schwer verdaulich. Warum das Gewürz so populär ist, weiß niemand so genau. Schon immer haben die Russen viele Kräuter verzehrt, das half dabei, die ausreichende Vitaminversorgung sicherzustellen, besonders in den dunklen Wintern. Doch die meisten Touristen und Expats mögen den speziellen Geruch und Geschmack von Dill nicht und verzichten gerne auf das Gewürz in Gerichten, wo es ihrer Meinung nach nicht hineingehört.
In den sozialen Netzwerken teilen Ausländer sogar Fotos von unerwarteten “Dill-Funden”, etwa auf einer Pizza oder in Nudelgerichten, in Cocktails oder Sushi. Dill steht auf Platz eins der von unseren Lesern erstellten “No-go-Liste” russischer Dinge. ‘Dill, Dill und nochmal Dill. Er ist in jedem Gericht, in jeder Form, roh oder gekocht", klagt Nelly Zanetti aus Estland. “Dill kann einen Ausländer wirklich umhauen, wie eine Atombombe", findet auch Devadatta Womble aus Indien.
>>> Russischer Dill: Von Russen geliebt, von Ausländern gehasst
Außer an den Kräutern, stören sich unsere Leser auch an „Kholodets" (Sülze), einem traditionellen Gericht, das zu feierlichen Anlässen gekocht wird. „Hühner- oder Schweinefüße werden mit Knoblauch und Gewürzen stundenlang gekocht, bis eine gallertartige Masse entsteht. Es wird kalt serviert. Mein Ehemann wollte es nicht einmal probieren… schon der Anblick hat ihn abgeschreckt. Ich dagegen liebe es”, erzählt Irina Galaktionowa, die in den USA lebt.
Zu den für Ausländer eher verstörenden Gerichten gehört zudem „Hering unter dem Pelzmantel", ein Fischsalat mit Kartoffeln, roter Beete und Unmengen Mayonnaise. Neujahr in Russland ohne dieses Gericht ist undenkbar. Kwas (ein sehr schmackhaftes Getränk aus Roggenbrot) und Okroschka (eine kalte Suppe aus den Zutaten für Salat Olivier gemischt mit Kwas oder Kefir) stoßen ebenfalls auf wenig Gegenliebe. „Zwei Wochen Dauerparty zu Neujahr und dazu nur Mayonnaise. Aber niemand hat gesagt, Russe sein, sei einfach", stellt Julia Fljagina aus Russland fest.
>>> Kochvideo: Hering unter dem Pelzmantel
Überleben zwischen Eis und Feuer
Viele Leser erinnerten an die ausländischen Truppen, die es nicht schafften, Russland zu erobern, weil sie ganz einfach erfroren sind. Ja, das ist passiert, erst Napoleon, dann Hitler. Verfügen die Russen etwa über Spezialkräfte, die sie gegen die Kälte immun machen? Die Menschen in diesem Land schwimmen im eiskalten Wasser (und werden daher auch gelegentlich „Walrösser” genannt), hacken Löcher ins Eis, um am Feiertag Epiphania hineinzuspringen, und absolvieren einen Marathon über den Baikalsee. „In so kaltes Wasser zu springen, würde für die meisten Menschen tödlich sein. Auf jeden Fall für mich. Ich komme aus Florida", sagt Buddy Webb.
Während sie mit der Kälte draußen zwar keine Probleme haben, haben es die Russen aber auch gerne warm. Wir reden jetzt nicht nur von der Banja (Sauna), sondern auch von den Innenräumen. Die haben in Russland meist zentral gesteuerte Heizungen und die einzige Möglichkeit zur Temperaturregulierung besteht darin, das Fenster zu öffnen, wenn es zu heiß ist, oder warme Socken anzuziehen, wenn es zu kalt wird. Regulierbare Heizkörper gibt es nur in wenigen Gebäuden.
„In Wohnungen, Restaurants und Taxis ist es oft extrem heiß, so dass man sich an offene Fenster flüchtet, um endlich einmal durchzuatmen. Der Gang übers Rollfeld zum Flugzeug ohne Mantel ist dann eine willkommene Abwechslung und bringt Erleichterung. Man hielt mich beide Male allerdings für irre", schreibt Alan Paterson aus Australien.
>>> Überleben in der Kälte: Ist der Russe frostresistent?
Trinktraditionen
Wie viel muss man trinken, um betrunken zu werden? Einer unserer Leser findet, “fünf Flaschen Wodka" sind definitiv zu viel.
Natürlich wirkt sich Alkohol bei jedem anders aus, doch einige Russen trinken ihn wie Wasser. Es gibt viele Regeln beim Wodkatrinken und sehr viele Trinksprüche. Da wird oft das Glas gehoben, etwa auf die Eltern oder „zur Strafe". Wenn Sie also auf einer russischen Party nicht untergehen wollen, beschränken Sie sich auf ein bis zwei Gläser und versuchen Sie bloß nie, einen Russen unter den Tisch zu trinken.