Alles außer Fußball VII: Streetfood, Sexmuseum, Stadtwald – 3 unvergessliche Touren in Jekaterinburg

Reise
JULIA SHEVELKINA
Jekaterinburg ist die viertgrößte Stadt Russlands. Egal, ob zur Fußball-WM oder später: Damit Sie sich hier nicht verlaufen, haben wir Ihnen hier die drei aufregendsten Touren durch die Ural-Metropole zusammengestellt.

Für Hungrige

Im Vergleich zu Moskau hat Jekaterinburg deutlich weniger große Café- und Restaurantketten zu bieten. Viel beliebter sind hier auch die lokalen Streetfood-Kiosks mit Burger, Wok, Gyros, Frühlingsrollen und dem russischen Döner Schaurma. Wer von Ihnen oft unterwegs isst, sollte nach den kleinen metallenen Figürchen der lokalen Fastfood-Kette „Wkus uliz“ („Geschmack der Straßen“) Ausschau halten. Zum Beispiel an der Metrostation „Ploschtschad 1905 goda“ bekommen Sie schnell und unkompliziert allerlei Leckeres aus Griechenland, Amerika, Italien, der Türkei und auch russische Schnellimbiss-Speisen direkt auf die Hand.

Immer mehr neue Filialen eröffnet seit letztem Jahr auch die Burger-Bar „A Ty gde?“ („Und wo bist Du?“. Zu günstigen Preisen zwischen 120 und 300 Rubel kann man hier sowohl Burger in dunklem Brot bestellen oder auch vorgeben, auf Diät zu sein, und sich statt Burger einen Salat bringen lassen. auf der Straße Malyschewa 29 gibt es  sogar Burger mit Rindfleisch, Thunfisch oder Hühnchen zu „Studentenpreisen“ ab 440 Rubel.

Was Sie in der Ural-Hauptstadt noch unbedingt probieren müssen? „Regionales Bier!“, empfehlen eingefleischte Jekaterinburger. Überall in der Stadt gibt es verschiedene Craft-Beer-Bars, wo Ihnen nicht nur eingeschenkt wird, sondern Sie auch noch über Herkunft und Besonderheiten jeder einzelnen Sorte informiert werden. Zur Verkostung gibt es eigenen Käse aus der Region. In einer nicht repräsentativen Umfragen unter echten Jekaterinburgern gewann übrigens die Bar „Boroda“ („Bart“) in der Baschow-Straße 91. Selbst nachts ist es hier noch belebt, wenn Dutzende Bierfreunde hier Brettspiele spielen oder am Tresen über Gott und die Welt philosophieren.

Wenn Sie aber eher traditionelles Ausgehen bevorzugen, sei Ihnen das Panorama-Restaurant „Vertikal“ wärmstens empfohlen! Sie finden es in der 51. Etage des höchsten Gebäudes Jekaterinburgs, des Business-Turms „Wyssozkij“, ganz im Stadtzentrum. Er ist von allen Seiten und von Weitem zu sehen. Sie können ihn praktisch nicht verfehlen. Übrigens: Direkt über dem Restaurant befindet sich auch eine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform, von der aus Sie noch bis in den letzten Winkel der gesamten Stadt schauen können (bei guter Sicht!). Der Besuch der Aussichtsplattform kostet 350 Rubel, aber dafür gibt es auch noch ein Ticket ins örtliche Wyssozki-Museum dazu – immerhin ist der Turm ja nach dem berühmten russischen Liedermacher benannt!

Für Neugierige

In der fußballfreien Zeit sollten Sie auch mal einen Blick in das äußerst ungewöhnliche Museum „Ob Etom“ („Über ES“) in der Lunatscharksij-Straße 133 werfen. Es ist das zweite Sex-Museum Russlands und war mit seiner Eröffnung 2010 gerade einmal das zehnte seiner Art in der Welt.

Die Dauerausstellung „Sex und Zeit“ führt Sie durch die Epochen und die mit ihnen verbundenen unterschiedlichen Vorstellungen von Künstlern und Schriftstellern über das Intimleben, wie der Sex zu Sowjetzeiten aussah und wie Sex-Spielzeug in der Alten Rus aussah.

Wer dann doch nicht ganz so neugierig ist, kann ja auch das Museum und Projektzentrum „Jelzin-Zentrum“ besuchen, wo Sie nicht nur alles über Russlands ersten Präsidenten und seine Zeit erfahren: Was passierte in der russischen Politik der 90er Jahre, wie lebten und überlebten die Bürger, wie wirkte der Sturm des Weißen Hauses auf. Bis zu seinen womöglich berühmtesten Worten „Ich bin müde. Ich gehe.“ kann hier Jelzin miterlebt werden. Und im Restaurant „Barboris“ wird – ganz passend – nach Rezepten von Jelzins Frau Naina gekocht.

Im angrenzenden Einkaufs- und Kulturzentrum können Sie bei „Ushatava“ oder im „Freedom Store“ echte Ural-Designersachen anprobieren oder sich durch den Kultur-Bücherladen „Piotrowskij“ schmökern. Auch ein Picknick am benachbarten Issetj-Teich-Ufer ist ein absolutes Muss für jeden Jekaterinburg-Besucher.

Noch mehr über das reale Leben und (nicht) Über-Leben in den 90er Jahren erfahren Sie aber auf dem Schirokoretschenskij-Friedhof. Hier wurden damals die sogenannten „kriminellen Autoritäten“ Jekaterinburgs und des ganzen Urals beerdigt, die sich ausgefallene Grab-Dekorationen leisten konnten und sich offenbar gegenseitig zu überbieten versuchten. Auf den Grabplatten sind die wichtigsten Banditenbosse oft in voller Größe abgebildet, für die damalige Zeit modisch gekleidet in Jacke, Jeans und T-Shirt, mit Goldketten und mit ihren fetten Mercedes-Wagen im Hintergrund. Mancher ließ sich gar im Kreise seiner „Gefolgschaft“ beim lustigen Zusammensitzen (und Trinken!) in Granit meißeln, andere betonten ihre geistliche Seite und präsentierten sich mit Kirchen, wieder andere zeigten sich und ihre teuren Frauen in Pelz und teuren Kleidern oder mit jungen Damen in Minirock und hohen Stiefeln.  

Wer es noch extremer mag, sollte eine Führung durch den Jekaterinburger Untergrund mitmachen. Dort folgen Sie unterirdischen Flüssen und den Kellern des „Tschekistendorfes“. Angeblich soll es in den Katakomben des ehemaligen NKWD auch noch geflutete unterirdische Tunnel, Säle und Gefängniszellen geben. Der Eingang in diese historische Unterwelt liegt übrigens direkt unter der Craft-Bier-Bar „Spjaschtschaja Sobaka“ („Schlafender Hund“) in der Perwomajskaja-Straße 40. Dort melden Sie sich am besten etwas im Voraus für eine solche Führung an!

Für Natürliche

Fast im Zentrum von Jekaterinburg, in der Straße des 8. März, finden Sie rund um den Brunnen im Sommer ein  für die Uralregion untypisches Bild: Im Rhododendren-Park blühen dann zahlreiche exotische Pflanzen. In der Sofia-Kowalewskaja-Straße wiederum treffen Sie auf dem Teich mit Sicherheit schwarze und weiße Schwäne, die sich auch gern von Ihnen füttern lassen.

Eine weitere wunderbare "grüne Lunge" der Stadt ist der See Schartasch. Ihn kann man vom Zentrum aus auch gemütlich mit der Straßenbahn erreichen. Gleich am Eingang zum Park ist ein kleiner Berg. Wenn Sie die Stufen erklimmen, erreichen Sie das sogenannte „Steinzelt“. Von dieser Opferstätte antiker Siedlungen haben Sie eien schöne Aussicht auf den gesamten Waldpark.

Etwas abgelegener, in einer Vorstadt von Jekaterinburg, eröffnete 2016 der „Feuer-Strand“. Zwischen dem Baltym-See und einem kleinen Birkenwäldchen gibt es in traumhaftem weißen Strandsand Liegestühle, Volleyballfelder, Cafés uvm., was mehr an einen europäischen Kurort erinnert, denn an den rauen Ural. Das einzige Minus: Um diesen traumhaften Ort zu erreichen, brauchen Sie ein Auto. Aber das dürfte kein Problem sein. Denn in der Ural-Hauptstadt finden Sie schnell neue Freunde und Bekannte, die Sie sicher gern mitnehmen auf eine See-Tour!

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