Als Kiewer Rus bezeichnet man einen riesigen ostlawischen Staat, der von Wladimir dem Großen im Jahre 988 gegründet wurde und sich über weite Gebiete des heutigen Russlands, der Ukraine und Weißrusslands erstreckte. Als Religion wurde von ihm das orthodoxe Christentum gewählt – überwiegend aufgrund der engen Beziehungen, die die Rus mit dem Byzantinischen Reich pflegte. Einige Historiker argumentieren sogar, dass Wladimir den Anstoß gab, die große Sophienkathedrale in Kiew zu bauen. Die Kirche wurde nach der Hagia Sophia, der Kathedrale von Konstantinopel, benannt.
Eine weitere Sophia-Kathedrale, in Nowgorod im Norden der Rus, wurde in der Zeit gebaut, in der Wladimirs Sohn, der Großfürst Jaroslaw der Weise regierte. Die beiden Sophia-Kirchen in den Hauptzentren der Kiewer Rus galten als Symbole der Einheit des zersplitterten slawischen Staates. Die feierlichen Steinbauten lieferten zudem ein kraftvolles Bild der neuen Religion, die kürzlich in der Rus Einzug erhalten hatte.
Das Kiewer Höhlenkloster ist eines der ersten Klöster, die in der Kiewer Rus unter der Herrschaft von Jaroslaw dem Weisen in der Mitte des 11. Jahrhunderts gegründet wurden. Bereits in der frühesten ostslawischen Chronik, der Nestorchronik, wird die Bedeutung der Kirche als kulturelle Institution zu dieser Zeit unterstrichen. Nestor selbst, ein orthodoxer Mönch, der die Chronik verfasst hatte, wurde später von der russisch-orthodoxen Kirche heilig gesprochen.
Die in der Mitte des 12. Jahrhunderts erbaute Kirche der Fürbitte am Nerl liegt in der Nähe der Stadt Wladimir, die um diese Zeit zum Zentrum des alten russischen Staates wurde und Kiew sowie die Fürstentümer im Süden an sich band. Die Kirche gilt als eines der schönsten Denkmäler der russischen antiken Architektur, während ein Kunsthistoriker gleichzeitig verlauten lässt, dass die „subtile Harmonie der Kirche die Architektur mit temperamentvoller und erhabener Musik“ vergleicht.
Durch die Herrschaft Wladimirs und der Nördlichen Rus als Ganzes wurde die Mariä-Entschlafens-Kathedrale allmählich zur zentralen Kirche des Reiches. Im Jahr 1299 verließ der Kiewer Metropolit, der Leiter der orthodoxen Kirche, die ehemalige, durch die mongolische Invasion völlig zerstörte Hauptstadt und verlegte seine Residenz in die Stadt Wladimir. Anschließend fanden hier Krönungen der Großfürsten von Wladimir und von Moskau statt.
Das Dreifaltigkeitskloster von Sergijew Possad liegt 50 Kilometer von Moskau entfernt und ist das größte russische Kloster der russisch-orthodoxen Kirche. Im mittelalterlichen Russland nahm es eine wichtige Rolle im politischen Leben ein. Der Gründer des Klosters, Sergius von Radonesch, der zu einem der am meisten verehrten russischen Heiligen wurde, gab unter anderem dem Moskauer Fürsten Dmitri Donskoi seinen Segen, als er in den Kampf gegen die Mongolen aufbrach, die bis dahin zwei Jahrhunderte lang die Rus besetzt hatten.
Die Mariä-Entschlafens-Kathedrale im Moskauer Kreml wurde im späten 15. Jahrhundert von dem berühmten italienischen Architekten Aristotele Fioravanti gebaut, nachdem Russland endgültig die Überreste des mongolischen Vasallentums abgestreift hatte. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts war die Kathedrale Zeuge der Krönung aller russischen Monarchen und galt bis zur Revolution von 1917 als wichtigste orthodoxe Kirche in Russland.
Die Christus-Erlöser-Kathedrale wurde erst vor zwei Jahrzehnten gebaut und gilt als das höchste orthodoxe Gebäude der Welt. Die ursprüngliche Kathedrale aus dem 19. Jahrhundert wurde in den frühen 1930er Jahren während der Rekonstruktion Moskaus auf Stalins Geheiß abgerissen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion beschloss der erste Präsident der Russischen Föderation, Boris Jelzin, die Kirche trotz der schlechten finanziellen Situation Russlands wieder aufbauen zu lassen.
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