"Wladiwostok ist immer schon betrunken": So sähen russische Städte als Anime-Helden aus

Wir würden die russischen Städte aussehen, wenn sie Menschen wären? Welche Hobbys hätten sie und mit wem wären sie befreundet? Die Comiczeichnerin Magnie Makojana aus dem Ural hat zehn russische Städte in Anime-Helden verwandelt und ihnen spezifische Charaktere zugeschrieben. Russia Beyond erklärte sie die Hintergründe!

Die 24 Jahre junge Jekaterina aus Jekaterinburg hat verschiedenen russischen Großstädten unter dem Künstlernamen Magnie Makojana einen eigenen Anime-Charakter gegeben und ihre Zeichnungen un ihrem Twitteraccount veröffentlicht. Dazu ergänzte sie eine kurze Charakteristik zu Hobbies, Interessen und Auftreten der russischen Helden. Dafür hat sie zahlreiche Einwohner der jeweiligen Städte zu deren Alltag befragt. In diesen Bildern also erfahren Sie, wie das Leben in Moskau, Wladiwostok, Kaliningrad und anderen wirklich aussieht. Und die Künstlerin höchstpersönlich erklärt, woher die Beschreibungen kommen!

1 Jekaterinburg-tjan

"Sie ist die kleine Schwester von Sankt Petersburg. Sie hat auch einen Fluss im Zentrum und steht auf Rock-Musik. Sie mag es gar nicht, wenn man ihr Lieblingsspielzeug kaputt macht, macht ein bisschen auf Moskau. Sie hat immer eine gute Gruselgeschichte über Bruchhäuser oder Bauruinen auf Lager, "is trying" (deutsch: versucht) ständig irgendwas, lebt in den Bergen und liebt schicken Schmuck."

Mit dem "kaputten Spielzeug" ist der jüngst gesprengte Fernsehturm gemeint, den viele Einwohner schon lieb gewonnen hatten. Und ja, Jekaterinburg will wirklich gerne sein wie Moskau: unsere Wajner-Straße ist wie der Moskauer Arbat angelegt, die Jekaterinburg-City wird immer weiter ausgebaut - ähnlich wie Moscow City. Jekaterinburg versucht so sehr besser zu werden, dass das schon fast ein Meme ist - darum geht es in dem 'she is trying'.

2 Peterburg-kun

"'Meine Wolken sind wie die Menschen - einsam', sagt Peterburg und schaut losgelöst in die Ferne. Er ist der 'Rainman' mit einer sch*** reichen Innenwelt. Er liebt das verrotende Europa und hat schon 'allerlei Dreck' in seinem Leben gesehen. Er trägt einen Axtkopf mit sich herum und in seiner Wohnung gibt es ein Zimmer mit einer Sammlung seltsamer Dinge. Aus irgendeinem Grund schwärmen Schulmädchen sehr für ihn."

In St. Petersburg herrscht so eine besondere Atmosphäre - leicht und filosofisch. Die Helden aus der russischen Literatur, die aus Piter kommen, sind ständig auf der Suche nach sich selbst und dem Sinn des Lebens. Die Axt kommt übrigens auch daher - aus "Schuld und Sühne". Piter überstand die Leningrader Blockade, hier gibt es die Kunstkammer mit "seltsamen" Dingen. Peter I. erbaute Sankt Petersburg nach europäischem Vorbild. Und fast jedes russische Schulmädchen träumt davon, nach der Schule einmal nach Sankt Petersburg umzuziehen.

3 Moskau-san

"Moskau schaut immer auf die Uhr, aber glaubt den Tränen nicht. Moskau ist laut, aber sie sch**** da drauf. Sie trägt russische Nationaltracht und einen langen Zopf, sie liebt Sterne und verläuft sich nie. Wenn du sie besuchst, dann ist das erste, was sie dir sagt: 'Komm‘, ich zeig dir unsere Metro!'"

Ich liebe die Moskauer Metro. Von den Moskauern hab ich gehört: Wenn du dich verlaufen hast, such die Metro. Wenn du die findest, dann bist du gerettet. Denn sie bringt dich von überall nach überall. Die Kremluhren kennt ganz Russland, ebenso die berühmten Sterne. Und natürlich „Moskau glaubt den Tränen nicht“ – das ist der sowjetische Kultfilm über die Entdeckung Moskaus. Der Titel sagt schon alles.

4 Tscheljabinsk-kun

"Er ist der Sohn eines Modellbauers und trägt immer eine Atemmaske gegen den Smog. Tatsächlich hat er diesem Smog aber auch selbst geraucht. Er bevorzugt Schuhwerk in den Farben des örtlichen Schlamms und versucht, jedem Besucher ein Stück Meteorit über das Online-Verkaufsportal Avito anzudrehen. Er kennt 30 Wörter auf Baschkirisch und streitet mit Jekaterinburg darum, wessen Straßenbahnen witziger seien. Diesen Typen treffen Sie besser nicht in der Marschrutka."

Die Leute haben mir erzählt, dass es dort sehr viele Mini-Busse gibt und dass die Tscheljabinsker die Jekaterinburger Straßenbahnen total lustig finden. Und anders herum. Die Umwelt in Tscheljabinsk ist sehr belastet wegen der vielen Fabriken. Und dort stürzte ein Meteorit ab, der mit UFOs zu tun gehabt haben soll. Im Gebiet um Tscheljabinsk leben viele Baschkiren. Und die Männer aus Tscheljabinsk sollen sehr furchteinflößend sein.

5 Wladiwostok-sensei

„Sie ist eine Expertin für östliche Kultur und ein heimlicher Fan von Sankt Petersburg. Sie hängt viel mit Asiaten ab und hört J-Pop. Zu Feiertagen kann sie über 20 Fischgerichte zubereiten, betrinkt sich dann immer und schläft als erste ein. Ihre Kleidung kommt aus China. Wo sie genau wohnt, weiß übrigens niemand so genau.“

Der Zeitunterschied zu Moskau beträgt sieben Stunden. Wladiwostok feiert als erste russische Stadt Neujahr. Wenn Moskau dann feiert, sind hier schon alle betrunken und müde. hier ist das Japanische Meer, es gibt viele Meeresfrüchte und Fisch. Nach China kann man mit der Fähre fahren. Viele Leute im übrigen Russland, wissen oft gar nicht so genau, wo Wladiwostok eigentlich liegt. Mir wurde erzählt, dass das moderne Wladiwostok sich sehr an Sankt Petersburg orientiert.

6 Nowosibirsk-dono

Dieser junge Wissenschaftler hat immer auch Beziehungen zu den örtlichen Banditen und eine long distance relationship mit seinen Freundinnen in Minneapolis und Hokkaido. 90 Prozent des Jahres sind bei ihm Winter. Jedes Jahr zum 1. Mai flippt er aus und geht mit verrückten Plakaten auf die Straße. Er benutzt FidoNet, seit er es einmal ausprobierte und nun nicht mehr davon loskommt.

Viele Leute haben mir geschrieben: „Nowosibirsk ist die Stadt der Wissenschaftler und Kriminellen.“ Minneapolis in den USA und Sapporo auf Hokkaido in Japan sind Partnerstädte. Das alte Hobby-Computernetz FidoNet wurde von hier aus erstmals in Russland verbreitet. Zum 1. Mai veranstalten die Menschen hier regelmäßig die „Monstrazja“ – eine Kunstaktion mit Demonstrationen und absurden Plakaten.

7 Kasan-chime

„Sie ist die Prinzessin von Tatarstan und zweisprachig aufgewachsen. Sie lebt schon über 1000 Jahre und hat ihr Gewissens schon längst verloren. Sie ist ganz verliebt in Architektur. Jeden Besucher schickt sie sofort zum Kreml und sagt: ‚Schön, nicht?‘ Sie gibt Etschpotschmak aus – und ist die einzige, die das auch aussprechen kann.“

Kasan hat sich die Marke „Dritte Hauptstadt Russlands“ registrieren lassen. Es ist außerdem die Hauptstadt Tatarstans und viele hier sprechen fließend Russisch und Tatarisch. Der Kasaner Kreml ist im ganzen Land berühmt, aber auch sonst hat die Stadt viel schöne Architektur zu bieten. Und Etschpotschmak ist ein Teiggericht und die Nationalspeise Tatarstans.

8 Perm-tjan

"Sie wohnt irgendwo bei Jekaterinburg und konkurriert ständig mit ihr. Sie kann gleichzeitig auf den Fußsohlen und Knien sitzen wie ein echter Gopnik. Aber tief im Innern vergöttert sie ja Ballett. Eine Theorie besagt, sie sei eigentlich eine Komi-Perm-Fürstin, die das nur fleißig versteckt. Sie liebt Posikuntschiki."

Viele nennen die Gopniki, wenn sie von Perm sprechen. Gleichzeitig aber hat Ballett einen hohen Stellenwert und eine lange Tradition. Darum ist Perm für mich ein Mädchen, das zwar irgendwie männlich auftritt, aber eigentlich nur alles überspielt. Und sie füttert jeden mit ihren frittierten Teigtaschen Posikuntschik.

9 Tjumen-sempai

„Sie ist das wichtigste Dorf (das wird aber so schnell ausgebaut, dass die jede Woche einen neuen Bezirk hat). Sie ist so heiß wie ihre heißen Quellen. Ihr Vater arbeitete irgendetwas mit Öl und Gas, darum hält sie sich für die Beste. Sie läuft immer mit dem neuesten iPhone herum (das hat sie allerdings nur auf Kredit gekauft). Sie ist schon seit ewigen Zeiten Biathlon-Fan. Im März fand hier die Biathlon-Weltmeisterschaft statt.“

Tjumen gilt als Hauptstadt der Dörfer. Es war die erste russische Stadt in Sibirien und ist bis heute ein wichtiges Zentrum mit Ölvorkommen. Die Stadt wächst schnell. Über die Einwohner heißt es, dass sie recht pathetisch und ihnen Statussymbolen wichtig seien. Aber das kann sich eigentlich niemand richtig leisten, darum nehmen viele Kredite auf.

10 Herr Kaliningrad

Dieser russifizierte preußische Aristokrat träumt ständig davon, ins zivilisierte Europa auszuwandern. Er leidet am meisten unter den Sanktionen, sitzt stets auf der Ersatzbank und ist schrecklich müde von diesem Dilemma. Er liebt Philosophie und Bier und pendelt oft mit dem Bus nach Polen. Er würde sehr gern das Buch ‚Harry Potter und das Bernsteinzimmer‘ lesen. Wenn es nur irgendwann geschrieben würde.“

Diese einst deutsche Stadt ist umgeben von Europa und die Menschen dort wollen auch „europäisch“ leben. Sie wollen nicht mehr immer nur ein Anhängsel Russlands sein. Hier lebte Immanuel Kant, darum schätzen hier viele sehr Philosophie. Und seit dem Verschwinden suchen hier alle wie verrückt nach dem berühmten Bernsteinzimmer.

Wenn Sie nun zu einer Städtetour durch Russland aufbrechen wollen, haben wir hier viele nützliche Tipps:

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